Annullierung der Wahl gefordert
29. November 2010Fast alle wichtigen Kandidaten bei der Präsidentschaftswahl in Haiti forderten eine Annullierung der Abstimmung. Zwölf der Bewerber riefen ihre Anhänger in einer gemeinsamen Stellungnahme zu Protesten gegen die Regierung und die Wahlbehörde auf. Bei gewaltsam ausgetragenen Rivalitäten zwischen Anhängern einzelner Kandidaten waren in den letzten Tagen vor der Wahl am Sonntag (28.11.10) mehrere Menschen ums Leben gekommen. Viele Stimmberechtigte warteten noch auf ihre Wahlscheine.
Wahlberechtigte und mehrere Kandidaten erklärten, der scheidende Staatschef René Préval, der nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten darf, wolle die Abstimmung zugunsten des Kandidaten Jude Celestin beeinflussen. Celestin, der Leiter einer staatlichen Baufirma, hat als Kandidat von Prévals neu gegründeter Einheits-Partei bis zum Schluss einen gut finanzierten Wahlkampf geführt. Die Politikerin Anne Marie Josette Bijou sagte, sie habe Fotos und Unterlagen, um Betrug nachzuweisen.
Warten auf den Wahlschein
Unter den mehr als 4,7 Millionen registrierten Wählern waren nach Angaben der Vereinten Nationen und der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) Hunderttausende Menschen, die im Januar dem verheerenden Erdbeben zum Opfer fielen. Viele noch lebende Wähler, die sich an der Wahl beteiligen wollen, hatten dagegen bis Sonntag entweder keinen Wahlschein erhalten oder wussten nicht, wo sie ihre Stimme abgeben sollten.
Auch Wycleaf Jean, der frühere "Fugees"-Frontmann und ehemalige Bewerber um das haitianische Präsidentenamt, war am Wahltag vor Ort. Seine Unterstützer erklärten über Twitter, der haitianisch-amerikanische Sänger werde öffentlich keinen der 18 Präsidentschaftskandidaten unterstützen. Jean war im August vom Rennen um das Präsidentenamt disqualifiziert worden. Er zog mit einer Menge zum Büro der Wahlbehörde; vor dem Protestzug hatten UN-Friedenstruppen und Polizisten Barrikaden errichtet. Für jegliche Gewalt sei allein Préval verantwortlich, sagte der Anwalt Jean-Henry Ceant, der sich ebenfalls um die Präsidentschaft bewarb.
Thema sind auch die Hilfsgelder
Der Sieger der Präsidentschaftswahl wird auch Milliarden Euro an Hilfsgeldern zu verwalten haben, die Geberländer nach dem verheerenden Erdbeben vom vergangenen Januar zugesagt hatten. Der künftige Präsident sieht sich jedoch auch mit Millionen obdachlosen Erdbebenopfern und einer grassierenden Cholera-Epidemie konfrontiert. Nach dem jüngsten Ausbruch der Krankheit in Haiti sind bislang mehr als 1.600 Menschen ums Leben gekommen. Erste Ergebnisse der Präsidentschaftswahl werden nicht vor dem 7. Dezember erwartet.
Autor: Marko Langer (dapd, afp, dpa)
Redaktion: Walter Lausch