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Kriminalität

Berliner Anschlag: Fehler der Polizei

12. Oktober 2017

Nach seinen Ermittlungen zum Terroranschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt hat Sonderermittler Bruno Jost ein vernichtendes Urteil gefällt. Der frühere Bundesanwalt stellte zahlreiche schwere Fehler der Behörden fest.

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Deutschland Vorstellung des Abschlussberichts im Fall Amri in Berlin Bruno Jost
Bild: picture-alliance/dpa/J. Carstensen

Auf 68 Seiten fasst Bruno Jost (Artikelbild) seine seit Mitte April gewonnenen Erkenntnisse zusammen. Besonders kritisch beschreibt der Ermittler in dem Abschlussbericht die Rolle der Berliner Kriminalpolizei, der Polizei in Nordrhein-Westfalen und in Baden-Württemberg.

Schon in seinem Zwischenbericht hatte er festgestellt, dass im Berliner Landeskriminalamt (LKA) nachträglich Akten manipuliert worden waren, um eine verpasste mögliche Gelegenheit zur Festnahme des Attentäters Anis Amri wegen Drogenhandels zu kaschieren. Nun machte Jost bekannt, dass diese Manipulation beim Verfassen eines Berichts an den Senat zwei Tage nach dem Anschlag ihren Anfang nahm.

Fehlerkette

Zudem kommt Jost zu dem Schluss, dass Amri bereits Ende Juni hätte inhaftiert werden können. Monate vor dem Attentat vom 19. Dezember war der ausreisepflichtige Tunesier in Friedrichshafen festgenommen und zwei Tage lang festgehalten worden. Landeskriminalbeamte aus Berlin und Nordrhein-Westfalen seien aber nicht nach Baden-Württemberg gereist, um Amri mit den zahlreichen Verdächtigungen gegen ihn zu konfrontieren.

Jost sprach von einer "zumindest sehr realistischen Chance, ihn zumindest da in Friedrichshafen über drei oder vier Monate aus dem Verkehr zu ziehen". In dieser Zeit hätte eine Abschiebung Amris erreicht werden können.

Jost sagte: "Da wurde alles falsch gemacht, was man falsch machen kann." Rechtliche Konsequenzen gegen einzelne Beteiligte jenseits der mit Manipulationsvorwürfen konfrontierten LKA-Beamten hielt Jost indes für unwahrscheinlich.

Kerzen für die Opfer des Terrors in Berli
Kerzen für die Opfer des Terrors in BerlinBild: picture-alliance/dpa/B. Pedersen

Ferner kritisierte Jost die schon Ende Juli abgebrochene Observation Amris, obwohl eine Genehmigung bis Ende Oktober vorlag. Auch die Rolle des Gemeinsamen Terrorabwehrzentrums von Bund und Ländern (GTAZ) und des Bundeskriminalamts (BKA) müsse hinterfragt werden.

Im Auftrag Berlins

Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) forderte einen Untersuchungsausschuss des Bundestags zu dem Terroranschlag. Die Fehler vor dem Anschlag seien länderübergreifend und auch auf Bundesebene begangen worden, sagte er zur Begründung.

Jost hatte im Auftrag Geisels Mitte April seine Arbeit begonnen, um die Ermittlungen der Kriminalpolizei und der anderen Behörden zu Amri zu untersuchen und Fehler aufzudecken.

Bei dem Anschlag in Berlin hatte Amri einen Lastwagen gezielt in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche gesteuert. Zwölf Menschen starben, etwa 70 weitere wurden verletzt.

cgn/myk (afp, dpa)