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Kritik unerwünscht

Oliver Commer15. Februar 2008

Die 17. Buchmesse in Havanna will, unter den strengen Augen des Regimes, eine Brücke zwischen spanischsprachiger Literatur aus Lateinamerika und Europa bauen. Der Schriftsteller Antonio José Ponte bleibt Zaungast.

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Schriftsteller Antonio Jose Ponte, Havanna, Kuba, 1996, (Quelle: dpa)
Unbequem und unerqünscht: PonteBild: picture-alliance / maxppp

"Was ist passiert? Warum ist das passiert? Warum geht alles kaputt? Warum so viele Ruinen? Warum ist eine Stadt wie Havanna verwüstet, ohne dass ein Krieg oder eine Naturkatastrophe schuld daran wären?" Diese Fragen beschäftigen den kubanischen Schriftsteller Antonio José Ponte, der inzwischen in Spanien im Exil lebt, seit langem. Der Verfall der historischen Bauten Havannas ist das Hauptmotiv im Werk des selbst erklärten Ruinologen. Faszination und Abscheu über die einzigartige Ruinenlandschaft in der kubanischen Hauptstadt ziehen sich wie ein roter Faden durch seine Gedichte und Erzählungen.

Ruinen als Sinnbild für das Ende des Regimes

Ruinen in Havann, Quelle: DW
Ruinen in Havanna - Sinnnbild für den politischen Verfall?

"Die Stadt, die wir heute sehen, wird es nicht mehr lange geben. Sie ist Sinnbild für den Verfall des Landes, seinen politischen Verfall“, diagnostiziert Ponte. In dem Dokumentarfilm "Die neue Kunst, Ruinen zu bauen", der im vergangenen Jahr in deutschen Kinos lief, führt Antonio José Ponte die Zuschauer durch die Ruinen Havannas – nicht ahnend, dass der Film zu einem Dokument seines vorläufigen Abschieds von der Insel werden sollte. Seit mehr als einem Jahr lebt er im Exil in Madrid, nachdem ihm nach einem Auslandsaufenthalt die Wiedereinreise nach Kuba verweigert wurde.

Der 1964 geborene Ponte zählt zu den eigenwilligsten kubanischen Schriftstellern. Seine deutliche Kritik an den herrschenden Zuständen brachte ihm viel Ärger mit den kubanischen Behörden. Seine Tätigkeit als einziger in Kuba lebender Redakteur einer spanischen Kulturzeitschrift tat ein Übriges dazu: Im Jahre 2003 wurde Ponte aus dem nationalen Schriftstellerverband ausgeschlossen.

In Kuba totgeschwiegen

Kubas Präsident Fidel Castro, Quelle: dpa (Herbst 2007)
Ponte: 'Casto - Die größte Ruine Kubas'Bild: picture-alliance/ dpa

Obwohl er als einer der bedeutendsten Schriftsteller seiner Generation gilt, werden seine Werke dort nicht mehr veröffentlicht und seine zahlreichen Preise verschwiegen. In der öffentlichen Wahrnehmung Kubas hörte Ponte ganz einfach auf zu existieren.

"Wenn sie dich in deinem Land nicht Schriftsteller sein lassen, wenn es den Zeitschriften verboten ist, deine Texte zu drucken, dann haben sie dein Leben ruiniert, haben dich zur Ruine gemacht. Du bist kein Intellektueller. Wo sind deine Texte? Wo die Bücher? Wer kennt dich? Wer bist du? Du hast keine Stimme. Du darfst nicht öffentlich sprechen. Du existierst nicht", resümiert Ponte.

Verfall als politisches Kalkül?

Antonio José Ponte, "Die Ruinenwächter von Havanna“ (Erscheinungsdatum Deutschland: 4. März 2008), Quelle: Kunstmann-Verlag
Die Ruinenwächter von HavannaBild: Verlag Antje Kunstmann

Fidel Castro, der Máximo Líder, ist für Antonio José Ponte nichts weiter als die größte Ruine Kubas. Die scheinbar unaufhaltsame Verwandlung der Stadt in eine einzige übergreifende Ruinenlandschaft lässt für ihn keinen anderen Schluss zu. Das Nichteingreifen in diesen Prozess des Verfalls ist für Ponte eine kühl kalkulierte politische Absicht: "Um seine politische Macht zu legitimieren, sagt Fidel Castro, wir befänden uns ständig kurz vor einer Invasion der Amerikaner. Um diesen politischen Diskurs architektonisch zu legitimieren, muss die Stadt aussehen, als sei sie bereits bombardiert worden“, so die Theorie des Schriftstellers. Er spricht gar von "einer neue Kunst, Ruinen zu bauen."

Sich in Ruinen arrangieren

In diesen Ruinen leben weiterhin Menschen, unter ungedeckten Dächern, durch die der Regen rinnt, bedroht von herab stürzenden Mauerteilen. Sie arrangieren sich irgendwie mit diesem Zustand, so wie ihr ganzes Leben aus dem ständigen Arrangieren mit den herrschenden Verhältnissen zu bestehen scheint, beobachtet Ponte: "Der einfache Kubaner hat ein großes Talent dafür, zu überleben und sich die lebensnotwendigen Sachen zu beschaffen. Das Tragische der letzten Jahre ist, dass alle Sehnsüchte und Wünsche der Kubaner mehr auf das Nahe liegende und Materielle, als auf das Weiter liegende gerichtet sind. Denn wir wissen besser, was wir essen oder wie wir uns anziehen, als wie wir miteinander leben möchten“.

Antonio José Ponte selbst muss sich ebenfalls mit vollendeten Tatsachen abfinden und arrangieren. Ob und wann er seine Heimat Kuba wieder sehen wird, steht noch in den Sternen. Sein Lebensmittelpunkt ist vorerst Madrid – sein Haus in Havanna wurde nach seiner Ausreise vom Staat konfisziert. Drei Familien haben dort ein zu Hause gefunden.

Antonio José Ponte, "Die Ruinenwächter von Havanna“ (Erscheinungsdatum Deutschland: 4. März 2008) Kunstmann-Verlag , 240 S., € 19,90

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