Arbeitslosigkeit als globales Risiko
8. Oktober 2020Jahr für Jahr erkundet das World Economic Forum (WEF) Risiken, die sich in den verschiedenen Teilen der Welt für die Wirtschaft und das Fortkommen der jeweiligen Region auftun könnten. Die in Genf ansässige Organisation befragt für die Regional Risks for Doing Business survey mehr als 12.000 Manager und Wirtschaftsführer weltweit nach ihrer Einschätzung. In diesem Jahr drängt sich eine alte Bekannte auf der Liste der größten Gefahren wieder nach vorn: die Arbeitslosigkeit.
Vor allem im südlichen Asien und in den Ländern südlich der Sahara dominiert die Furcht vor Massenarbeitslosigkeit die Sorgen der Befragten mit Blick auf die nächsten zehn Jahre. Aber auch in Lateinamerika und der Karibik steht sie auf Platz 2 der Sorgenliste, in Europa immerhin auf Platz 3. Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie scheinen folglich in der Einschätzung der Wirtschaftsführer in vielen Teilen der Welt dringlicher als die Pandemie selbst. Infektionskrankheiten gelten aber im weltweiten Durchschnitt als Gefahr Nummer 2.
Corona und die langfristigen Risiken
"Die Erschütterungen für die Beschäftigung, die durch die Pandemie ausgelöst werden, die zunehmende Automatisierung und der Übergang zu einer grüneren Wirtschaft verändern den Arbeitsmarkt ganz fundamental", sagte Saadia Zahidi, Managing Director des World Economic Forum zu den Ergebnissen der Erhebung.
Tatsächlich hat auch der Internationale Währungsfond IWF unlängst gewarnt, die Corona-Pandemie führe zu einer schweren globalen Rezession. Das werde einen massiven Anstieg von Armut und Arbeitslosigkeit auslösen. In seiner Konjunkturprognose rechnet der IWF für 2020 mit einem Einbruch der Weltwirtschaftsleistung um 4,9 Prozent. Der globale Wirtschaftseinbruch bedeute "einen katastrophalen Schlag für den Arbeitsmarkt", erklärte der IWF. Besonders betroffen seien die ärmeren und weniger gebildeten Arbeitnehmer, die meist nicht von Zuhause arbeiten könnten.
Gefahren für zehn Jahre
Wie sehr die Einschätzung von zentralen Gefahren für die Wirtschaft und ihr Umfeld von aktuellen Fragen bestimmt werden, lässt sich an der Frage einer möglichen Gefährdung durch Terroranschläge ablesen. Angesichts von Corona und der Klimakrise rutschte die Terrorgefahr auf der Gefahrenliste um neun Positionen nach unten - lediglich in der Form von Cyberangriffen dominiert sie noch die Befürchtungen der Befragten in Nord-Amerika.
"COVID-19 lenkt uns von bestimmten langfristigen Risiken ab", warnte Peter Giger, Chief Risk Officer bei der Zurich Insurance Group, die an der Erhebung beteiligt war. Diese Risiken würden aber weiter da sein, auch wenn die aktuelle Krise überwunden sei, so Giger, und bezog sich dabei auf "so existenzielle Risiken wie den Klimawandel".
In der Tat: Während die Sorge vor Infektionskrankheiten (also offenbar COVID-19) die Sorgenlisten in Europa, im eurasischen Bereich sowie in Ostasien und dem Pazifik dominieren, finden sich durch Klimaprobleme ausgelösten Risiken weiter hinten auf der Liste drohender Gefahren: In Nordamerika etwa gelten Naturkatastrophen als Risiko Nummer 4; in allen anderen Weltregionen werden sie weniger einschneidend beurteilt.
Für die Erhebung wurden genau 12.012 Personen in 127 Ländern befragt. Ihnen legte das World Economic Forum eine Liste mit 30 Kernrisiken vor, aus denen die Befragten die fünf für sie größten Gefahren "für das Geschäft im eigenen Land im Verlauf der kommenden zehn Jahre" bestimmen sollten.
ar/hb (rtr, dpa – WEF)