Zweifel an der Regierungsfähigkeit der SPD
1. März 2018Für das Ansehen der SPD waren die parteiinternen Querelen der letzten Wochen Gift: Derzeit halten nur 40 Prozent der Deutschen die Sozialdemokraten für regierungsfähig, während eine klare Mehrheit von 58 Prozent dies bezweifelt. Das geht aus dem jüngsten ARD-Deutschlandtrend des Meinungsforschungsinstituts infratest dimap hervor. Der Schlingerkurs der SPD-Spitze, die erst gegen und dann für den Eintritt in eine erneute große Koalition unter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) eintrat, hat dem Image der Partei erkennbar geschadet.
Kein Bild der Geschlossenheit
Nur noch gut ein Drittel der Befragten hält die SPD für glaubwürdig, wozu vermutlich auch die Volten ihres Ex-Vorsitzenden Martin Schulz beigetragen haben. Schulz wollte zunächst auf keinen Fall Minister im Kabinett Merkel werden, griff dann übereilt nach dem Außenamt und räumte schließlich kleinlaut das Feld, als diese Taktik in seiner eigene Partei auf Widerstand stieß. Künftig soll die Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles die SPD führen, sofern sie auf einem Parteitag gewählt wird. Hinzu kommt der inhaltliche Streit über den Koalitionsvertrag, über dessen Annahme die 463.000 SPD-Mitglieder schriftlich abstimmen. Vor diesem Hintergrund schreiben nur klägliche 18 Prozent der Befragten der SPD das Attribut "geschlossen" zu.
Die CDU halten immerhin 60 Prozent der Befragten für eine Partei, die geschlossen auftritt, obwohl auch in der CDU Kritik an den Vereinbarungen des Koalitionsvertrags laut wurde, etwa am Verlust des einflussreichen Finanzministeriums an die SPD. Der Forderung nach einer personellen Erneuerung kam Parteichefin Angela Merkel nach, indem sie ihre Vertraute Annegret Kramp-Karrenbauer, bisher Ministerpräsidentin im Saarland, zur neuen Generalsekretärin ernannte und mehrere jüngere Politiker für ihr viertes Kabinett nominierte.
Die Debatte in der CDU über Angela Merkels Kurs hat allerdings in der öffentlichen Wahrnehmung ebenfalls Spuren hinterlassen: Aktuell sind nur noch 56 Prozent der Deutschen der Meinung, dass die CDU hinter ihrer Vorsitzenden steht - das ist ein Minus von 11 Prozentpunkten gegenüber Mitte Januar.
Die Bundestagswahl liegt bereits mehr als fünf Monate zurück - und noch immer hat Deutschland keine neue Regierung. Wie würden die Wähler sich entscheiden, wenn am kommenden Sonntag Bundestagswahl wäre? Zwar konnte die SPD den Abwärtstrend in den Umfragen stoppen und legte seit Mitte Februar wieder um zwei Prozentpunkte zu. Sie liegt damit aber immer noch bei mageren 18 Prozent, gefolgt von der rechtspopulistischen AfD, die 15 Prozent der Stimmen bekäme gegenüber 12,6 bei der Wahl am 24. September. Auf dem ersten Platz steht weiterhin unangefochten die CDU mit 34 Prozent. Im Ranking der beliebtesten Politiker hält Angela Merkel Platz 2 hinter dem geschäftsführenden Bundesaußenminister Sigmar Gabriel, dem derzeit beliebtesten SPD-Politiker, der sein Amt aber möglicherweise abgeben muss.
Keine allgemeine Begeisterung für die "GroKo"
Am kommenden Sonntag wird die SPD in ihrer Berliner Parteizentrale bekannt geben, ob ihre Mitglieder für oder gegen den Koalitionsvertrag mit der Union gestimmt haben. In der Bevölkerung hat die große Koalition indes mehr Kritiker als Anhänger: 52 Prozent sehen ein Bündnis aus Union und Sozialdemokraten negativ, 46 Prozent positiv. Die Anhänger von CDU/CSU (70 Prozent) und SPD (66 Prozent) stehen einem gemeinsamen Regierungsbündnis mehrheitlich positiv gegenüber, während die Anhänger der möglichen Oppositionsparteien FDP, Grüne, Linke und AfD deutlich skeptischer sind.
Falls die SPD-Mitglieder für den Koalitionsvertrag mit der Union stimmen, geht Angela Merkel in ihre vierte Amtszeit als Kanzlerin. Die Meinungen dazu sind geteilt: Die Hälfte der Deutschen fände das sehr gut oder gut (51 Prozent), die andere Hälfte weniger gut oder schlecht (49 Prozent). Sollte eine erneute große Koalition an einem Nein der SPD-Mitglieder scheitern, würden derzeit 45 Prozent einer von der Union geführten Minderheitsregierung den Vorzug geben. Die Befürworter von Neuwahlen sind allerdings mit 52 Prozent knapp in der Mehrheit.