Wo wohnen die Außerirdischen wirklich?
29. Juli 2019Für manche ist es ein Scherz, andere meinen es ernst: 1,9 Millionen Menschen haben auf Facebook zugesagt, am 20. September das US-Militärgelände Area 51 in Nevada zu stürmen. Der harte Kern der Gruppe ist fest davon überzeugt, dass die US-Regierung dort UFOs oder Aliens versteckt hält.
Erst 2013 hatte der amerikanische Geheimdienst offiziell die Existenz des militärischen Sperrgebiets Area 51 bestätigt. Anwohner und Besucher hatten über dem Gelände immer wieder mysteriöse Flugobjekte gesehen und spekulierten, es handele sich um UFOs. Das US-Militär forscht auf dem Gelände schon seit Jahrzehnten an neuen Spionageflugzeugen, die der Grund für die mysteriösen Flugsichtungen gewesen sein könnten.
Das Gebiet im abgelegenen, trockenen Amargosatal wurde zum Kultobjekt, das auch in zahlreichen Filmen und Serien immer wieder in Verbindung mit Aliens gebracht wird. Nahe gelegene Hotels und Restaurants haben alles im Alien-Stil dekoriert.
Forscher suchen nach Außerirdischen
Während sich Verschwörungsfans für die Reise nach Nevada ausrüsten und das Internet nach Alien-Spuren durchforsten, machen sich Naturwissenschaftler Gedanken über außerirdisches Leben. Dass es das gibt, stellen die wenigsten infrage: "Ich fände es sehr erstaunlich, wenn außerirdisches Leben nicht existiert", sagt zum BeispielAstrobiologe Dirk Schulze-Makuch von der Technischen Universität Berlin: "Es wäre seltsam bei den Trilliarden oder mehr Planeten und Monden, wenn wir die einzige Stelle wären, wo es Leben gibt."
Mehr dazu: Leben im All: neue Suche, neues Glück
Die Entstehung von Leben - ein Rätsel
Schulze-Makuch sucht nach Leben in einfachster Form, also Mikroben. Dabei versucht er, die genauen Voraussetzungen zu finden, unter denen Leben existieren kann. Es muss eine Atmosphäre geben, sagt er, oder einen Eispanzer, der das Leben auf dem Planeten abschirmt.
Außerdem brauche es einen relativ stabilen Luftdruck, nicht zu viel Strahlung und noch einigermaßen günstige Temperaturen. Obwohl Mikroben auch unter widrigsten Bedingungen überleben können - etwa in der Atacamawüste in Chile oder bei über hundert Grad in heißen Quellen.
Letztendlich funktioniert Leben nicht ohne irgendeine Flüssigkeit. Das muss nicht unbedingt Wasser sein wie bei uns auf der Erde. Es könnte auch Ammoniak oder Methanol sein. Ein Fehler sei oft, dass wir zu sehr von den Bedingungen ausgehen, die Leben auf der Erde möglich machen, erklärt Schulze-Makuch. Für uns sind Ammoniak und Methanol giftig. Für Lebewesen auf anderen Planeten sind diese Substanzen vielleicht sogar lebensnotwendig.
Mehr dazu: Astrobiologie - gab es Leben auf dem Mars?
Die Suche nach der zweiten Erde
Schulze-Makuch untersucht die Bedingungen für Leben in unserem Sonnensystem. Andere Forscher fahnden nach erdähnlichen Planeten, tiefer in unserer Galaxie, der Milchstrasse. Etwas mehr als 4000 Planeten wurden außerhalb unseres Sonnensystems bereits entdeckt. Rund 50 davon sollen eine passende Masse und einen günstigen Abstand zu ihrer Sonne haben, die sie umkreisen. Ein bestimmter Abstand macht passende Temperaturen für Lebewesen erst möglich.
Ein Kandidat, der gerade viel Aufmerksamkeit bekommt, ist der Exoplanet Proxima Centauri b. Aber die bekommt er nur, weil er so 'nah' an der Erde ist, sagt Schulze-Makuch. Nah, das bedeutet in diesem Fall 4,3 Lichtjahre. Falls es irgendwann einmal möglich sein sollte, mit zehn Prozent der Lichtgeschwindigkeit zu fliegen, würde es immer noch 43 Jahre dauern, dorthin zu gelangen.
Mehr dazu: Kepler-Teleskop findet zehn neue erdähnliche Planeten
Auf der Suche nach Signalen der Außerirdischen
Kann man nicht hinfahren und nachschauen, muss man Außerirdische anders suchen. Wenn es aber andere entwickelte Zivilisationen gibt, müssten sie auch Radiostrahlen aussenden können, dachten sich die Forscher des SETI Instituts in Kalifornien. Mit riesigen Teleskopen versuchen sie, mögliche Radiowellen aus dem All zu registrieren. "Das Aufwendigste dabei ist", sagt Projektleiter Andrew Siemion "die ganzen störenden Radiowellen der Erde herauszufiltern".
Wissenschaftlich sei außerirdisches Leben bisher nicht zu beweisen. Statistisch gesehen ist es aber wahrscheinlich: Wenn hier auf der Erde Leben entstehen konnte, warum dann nicht auch woanders?
"Wir dachten, die Erde sei das Zentrum des Sonnensystems, wir dachten unser Sonnensystem sei das Zentrum unserer Galaxie, wir dachten unsere Galaxie sei das Zentrum des Universums – all das hat sich als falsch herausgestellt", sagt Siemion. "Wir sind nicht so einzigartig wie wir denken."
Was passiert, wenn wir sie finden - oder sie uns
Was passieren würde, wenn wir tatsächlich Kontakt zu Außerirdischen bekämen, daran arbeitet der Soziologe Andreas Anton vom Freiburger Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene.
Anton beschreibt drei mögliche Szenarien. Im Signalszenario würden Andrew Siemion und seine Kollegen vom SETI-Institut ein außerirdisches Signal wahrnehmen. Wäre das Signal 'nur' bis zu 30 Lichtjahre entfernt, könnte ein junger Forscher in seinem Leben eine Antwort senden und eine Antwort bekommen. Vorausgesetzt, er könnte die Nachricht überhaupt entschlüsseln.
Doch die Frage ist auch, ob es überhaupt eine Nachricht an uns wäre oder ob wir nur etwas aufgeschnappt hätten, was gar nicht für uns bestimmt war. Wäre es für uns gefährlich zu antworten? Dieser Meinung war auch der britische Astrophysiker Stephen Hawking, der vor Kontakt mit möglicherweise überlegenen Zivilisationen warnte.
Das zweite Szenario ist das Artefaktszenario. Das hieße, wir würden ein Objekt in unserem Sonnensystem finden, das von einer anderen Zivilisation hergestellt wurde. Dann müssten wir uns fragen, wer es wie und wo untersuchen sollte. Sollten wir es auf die Erde holen, könnte dies gefährlich sein, wenn es beispielsweise eine Waffe ist. Und wer dürfte daran forschen und sich möglicherweise neue Technologien abgucken?
Das extremste Szenario ist das Direktszenario. Da würden Raumschiffe oder Sonden bei uns auf der Erde landen. Selbst wenn sie unbemannt wären, würde dies große Verunsicherung und vielleicht sogar eine Massenpanik und politisches Chaos erzeugen. Es würde bedeuten, dass es eine Zivilisation gibt, die uns weit überlegen ist, sagt Anton.
"Deswegen täten wir gut daran, uns systematisch Gedanken darüber zu machen, wie wir uns im Fall der Fälle verhalten", fordert Soziologe Anton. Zum Beispiel, wie wir mit Regeln Massenpanik und politisches Chaos verhindern und wer als Vertretung der Menschheit mit den Außerirdischen Kontakt aufnimmt.
Dieses Ereignis ist extrem unwahrscheinlich. Doch wenn es eintreten würde, hätte es weitreichende Folgen. Deshalb wünscht sich Anton, dass ein globales Komitee von Experten für einen solchen Extremfall einen Notfallplan aufstellt.
Eines der ältesten Rätsel der Menschheit
Die Frage nach außerirdischem Leben ist für Siemion und Schulze-Matuch eine der größten Fragen der Menschheit. Anton bestätigt, dass schon die alten Griechen sich Gedanken gemacht haben, ob wir alleine im Universum sind.
In der Renaissance kam die Frage wieder auf und kurz darauf erschienen die ersten Vorläufer von Science Fiction Romanen. Selbst Johannes Kepler schrieb eine Geschichte über mögliche Mondbewohner. Spätere Science Fiction Romane und Filme inspirierten sogar die Wissenschaft, sagt Anton.
Anton, Siemion und Schulze-Matuch sind sich in einem Punkt einig. Der menschlichen Faszination gegenüber Außerirdischen, die sich auch im Hype um die Area 51 ausdrückt, liegt die existentielle Frage zugrunde: Sind wir alleine im Universum und wenn nicht, gibt es da draußen jemanden oder etwas, das uns ebenbürtig ist?