Argentinien: Märkte reagieren auf Mileis Sieg
21. November 2023In Argentinien und im Rest der Welt beginnen die Märkte auf den deutlichen Wahlsieg des libertären Ökonomen Javier Milei zu reagieren. Während an den Aktienbörsen Optimismus herrscht, fällt der Verlust beim Peso nicht ganz so dramatisch aus wie erwartet. Milei (55,7 Prozent) hatte am Sonntag überraschend deutlich die Stichwahl gegen den noch amtierenden Wirtschafts- und Finanzminister Sergio Massa (44,3 Prozent) gewonnen.
YPF-Aktie heiß begehrt
Milei kündigte darauf an, dass er die im Wahlkampf angekündigte Privatisierungswelle umsetzen werde. Was in privaten Händen sein könne, werde dort auch landen, sagte Milei. Erstes Ziel der Privatisierung sollen die staatlichen Medien und der Erdöl- und Erdgaskonzern YPF werden. Als Reaktion darauf stieg an der Wall Street in New York der Kurs der YPF-Aktie um fast 40 Prozent, argentinische Aktien zogen generell deutlich an. Der Leitindex Merval stieg an der Börse in Buenos Aires im frühen Handel am Dienstag um mehr als 20 Prozent an und setzte damit seinen am Freitag begonnenen Höhenflug fort. Am Montag war die Börse wegen eines Feiertages geschlossen.
Peso verliert an Wert
Der argentinische Dollar verlor im Vergleich mit dem sogenannten Dollar Blue am Dienstagmittag etwa zehn Prozent an Wert und liegt nun bei 1050. Der Dollar Blue legt den informellen Wechselkurs fest, den es in den Wechselstuben gibt. Mit Blick auf die kommenden Monate ist für den offiziellen Dollarkurs eine weitaus deutlichere Steigerung zu erwarten: Für den Dezember (27,44 Prozent), Januar 2024 (29,85) Februar (29,52) und März (23,6 Prozent) auf 1100 Pesos. Das sind sehr deutliche Kursverluste, allerdings hatten einige Analysten noch einen weitaus stärkeren Absturz erwartet.
Hohe Inflations- und Armutsrate
Milei hatte eine zentrale Botschaft seines Wahlkampf die Abschaffung der Zentralbank und die Einführung des US Dollars als Zahlungsmittel angekündigt, weil der argentinische Peso nicht mehr zu retten sei. Das Land leidet derzeit unter einer Jahresinflation von 143 Prozent und einer Armutsrate von 40 Prozent.
Märkte beginnen auf Kurswechsel zu reagieren
"Der Wert der argentinischen Vermögenswerte beginnt, die Erwartung eines Kurswechsels in Argentinien zu berücksichtigen", kommentierte Eugenio Marí von der Stiftung Fundación Libertad y Progreso in Buenos Aires auf Anfrage der Deutschen Welle die Entwicklung an den Aktienbörsen. Der Markt gehe davon aus, dass die Regierung, die am 10. Dezember antritt, marktfreundlicher sein werde und Reformen zur Normalisierung der Wirtschaft durchführen werde, einschließlich eines raschen Übergangs zu einem ausgeglichenen Haushalt, eines Stabilisierungsplans zur Senkung der Inflation, der Abschaffung diskretionärer Außenhandelsbestimmungen, der Aufhebung der Wechselkursbindung und einiger Privatisierungen, so Mari.
"All dies trägt dazu bei, die mittelfristigen Aussichten und die Rentabilitätsaussichten des Landes zu verbessern. Darüber hinaus sind Reformen auf sektoraler Ebene zu erwarten, beispielsweise im Energiesektor, was die Bestände in diesen Sektoren weiter ansteigen ließ."
Neue Präsident steht für Eigeninitiative und Innovation
Die neue Regierung in Argentinien werde aus deutscher Perspektive neue Chancen ermöglichen, sagte der ehemalige deutsche Botschafter in Buenos Aires, Ulrich Sante, auf Anfrage der Deutschen Welle: "Die deutsche Wirtschaft ist in Argentinien seit Jahren fest verwurzelt, über alle Krisen hinweg. Andere sind es auch und investieren fokussiert auch heute. Das Land verfügt über zahlreiche Rohstoffe, die wir im Rahmen der von uns angestoßenen oder geförderten Transitionen dringend brauchen, Lithium, Kupfer, aber auch Gas als Übergangsenergie."
Argentinien will in die Erneuerbaren, in die Produktion von grünem Wasserstoff einsteigen und bietet unerschöpfliche Mengen an Sonne und Wind. Sante wirbt dafür auf die neue Regierung zuzugehen: "Und nun kommt ein Präsident, der der Eigeninitiative, der Innovation, der Wirtschaft allgemein eine neue Chance bietet, gepaart mit der festen Absicht, ins Lager der freien Welt zurückzukehren. Das nicht wahrzunehmen, heißt angesichts der radikalen Neuordnung der Welt und des schärferen globalen Wettbewerbs um jegliche Ressourcen, auch die kognitiven, gegen seine ureigensten Interessen zu verstoßen."
Am Dienstagmorgen haben sich der noch amtierende Präsident Alberto Fernandez und Javier Milei zu ersten Gesprächen mit Blick auf die Übergabe der Amtsgeschäfte getroffen. Dabei soll es auch um eine Stabilisierung der Märkte gegangen sein.