Armutsrisiko für Rentner steigt
26. Juni 2017Ohne durchgreifende Reformen des Rentensystems ist künftig jeder fünfte Neurentner von Armut bedroht. Bis zum Jahr 2036 könnte das Risiko der Altersarmut von heute 16 auf 20 Prozent steigen, heißt es in der Untersuchung im Auftrag der Bertelsmann Stiftung.
Insbesondere alleinstehende Frauen, Menschen ohne Berufsausbildung und Langzeitarbeitslose sind demzufolge bedroht. So könnte künftig fast jede dritte alleinerziehende Neurentnerin auf Grundsicherung angewiesen sein. Für diese Personengruppe steige die Grundsicherungsquote bis 2036 von 16,2 auf 27,8 Prozent. Damit sei das Risiko zur Altersarmut bei diesen Frauen rund viermal so hoch wie im Durchschnitt. Rentner gelten heute als armutsgefährdet, wenn ihr Netto-Einkommen unter 958 Euro liegt.
Als Ursache für die wachsende Altersarmut sehen die Studien-Autoren zwei Gründe: Die Zunahme von Unterbrechungen im Arbeitsleben und unsichere Beschäftigungsverhältnisse im Niedriglohnsektor. Zum anderen sinkt das Rentenniveau durch die demografische Entwicklung und rentenrechtliche Veränderungen kontinuierlich.
Nach Auffassung der Stiftung entfalten die zum Ausgleich geschaffenen Instrumente der privaten Altersvorsorge aber nicht die gewünschte Wirkung. "Wir brauchen weitere Reformen für den Ruhestand: Wenn die Babyboomer-Generation in Rente geht, könnte es zu einem bösen Erwachen kommen. Um das Alterssicherungssystem zukunftsfest zu gestalten, müssen wir es heute an die veränderten Rahmenbedingungen der Arbeitswelt anpassen", so Aart De Geus, Vorstandsvorsitzender der Bertelsmann Stiftung.
Insbesondere müssten Reformen laut Bertelsmann Stiftung stärker die Risikogruppen, die veränderten Erwerbsbiografien und die Situation an den Kapitalmärkten in den Blick nehmen. "Diskussionen um eine Stabilisierung des Rentenniveaus helfen Risikogruppen nicht weiter, die schon während ihrer Berufsjahre nur schlecht von ihrem Gehalt leben können", sagte der Bertelsmann-Arbeitsmarktexperte Christof Schiller.
Die Ergebnisse der Studien decken sich in vielen Teilen mit dem Altersicherungsbericht, den die Bundesregierung 2016 veröffentlichte. Darin fordert die Politik die Menschen auf, mehr privat für das Alter vorzusorgen. Nach Ansicht der Bertelsmann-Stiftung aber reicht das bei weitem nicht aus.
Für die Studie haben das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) und das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) Simulationsberechnungen gemacht. Basis sind Haushaltsdaten, mit denen die zukünftigen Alterseinkommen aus gesetzlicher, privater und betrieblicher Altersvorsorge prognostiziert werden.
stu/rb (dpa, edp, kna)