"Artemis I" soll Weg für Mondsiedlung ebnen
16. November 2022Die 2030er sollen das Jahrzehnt werden, in dem nicht nur der Mond, sondern möglicherweise auch der Mars langfristig besiedelt werden. Der Startschuss dazu fiel am 16. November mit einem ersten Testflug. "Artemis I" ist ein unbemannter Flug, doch es ist nur der erste Schritt einer Mission, die erstmals seit der "Apollo 17"-Mission im Jahr 1972 wieder Menschen zum Mond bringen soll. Die Besiedelung des Mondes spielt eine wichtige Rolle für die Erforschung des Mars, denn die Astronauten wollen die Mondoberfläche als Zwischenstopp für die lange Reise zum roten Planeten nutzen. Laut den "Artemis"-Partnern, der US-Raumfahrtbehörde NASA und der Europäischen Weltraumorganisation ESA, wird das Artemis-Programm aufzeigen, was sich in den letzten fünfzig Jahren in der Weltraumforschung verändert hat.
Seit 1972 hat sich viel getan. Die Ambitionen sind größer geworden und die Technik ist weiter entwickelt. Das "Artemis"-Programm sieht vor, im Jahr 2025 Menschen auf den Mond zu schicken und dort durch weitere Reisen in den Folgejahren eine dauerhafter Siedlung aufzubauen. "Anfangs werden die Menschen sich nur für eine Woche auf dem Mond aufhalten, aber in weiteren 'Artemis'-Missionen werden die Menschen dort für einen Monat oder zwei bleiben. Bis schließlich ständige Siedlungen eingerichtet werden", erläutert Jürgen Schlutz, Raumfahrtingenieur bei der ESA, der Deutschen Welle. Im Rahmen des Programms werden auch erstmals Frauen und People of Color den Mond betreten.
Was ist das "Artemis"-Programm?
Bei diesem Flug handelt es sich um die erste von sechs "Artemis"-Mondmissionen, die bis 2028 geplant sind. Während "Artemis I" befinden sich keine Menschen an Bord des Raumschiffs Orion. Die Mission ist im Prinzip ein Sicherheitstest. Zukünftige Missionen werden jedoch bemannt sein.
Das "Artemis"-Programm wurde 2017 gestartet und ist Teil der Bemühungen, die Raumfahrt wiederzubeleben. Es ist ein Gemeinschaftsprojekt von NASA und ESA sowie den Raumfahrtbehörden verschiedener anderer Länder. "Wir wollen, dass der Mensch sich den Weltraum weiter erschließt. Der Mond ist unser nächster Nachbar. Er verfügt über Ressourcen und andere Eigenschaften, die für die Forschung nutzbar sind, aber für uns bei 'Artemis' geht es hauptsächlich darum, zunächst einmal im Weltraum Fuß zu fassen", erklärt Schlutz.
Die NASA benannte das Programm nach der Zwillingsschwester von Apollo: Artemis, in der griechischen Mythologie die Göttin des Mondes. Am 16. November um 7:48 Uhr MEZ startete die Mission vom Kennedy Space Center in Florida. Das "Orion"-Raumschiff fliegt Richtung Mond und ist für die Mission 26 bis 42 Tage lang unterwegs. Wenigstens sechs dieser Tage wird sich das Raumschiff in der entfernten Umlaufbahn des Mondes bewegen, bis es wieder zurück auf der Erde im Pazifik landet.
Sicherheitstest für künftige bemannte Raumflüge
Ziel dieses Raumflugs ist es, die Sicherheit von "Orion" und dem Space Launch System für künftige bemannte Missionen zu überprüfen, so Schlutz. "Mit dem 'Artemis'-Programm sollen Menschen wieder auf den Mond zurückkehren. Die erste Mission 'Artemis I' testet die Transportsysteme, die uns das ermöglichen sollen", unterstreicht Schlutz. Bei "Orion" handelt es sich um ein teilweise wiederverwendbares Raumschiff. Es ist mit Solarpanelen und einem automatisierten Andocksystem ausgestattet - sowie mit primären und sekundären Triebwerken, die das Raumschiff aus der Erdumlaufbahn herausbringen und in Richtung Mond lenken. Die Europäische Weltraumorganisation spielte gemeinsam mit europäischen Unternehmen wie Airbus eine zentrale Rolle bei der Entwicklung der Technik für diesen Raumflug. Obwohl "Orion" eine sechsköpfige Besatzung beherbergen kann, werden bei der Mission "Artemis I" nur zwei Passagiere dabei sein: die beiden Puppen Helga und Zohar, die mit Strahlungssensoren bestückt sind.
Wann werden die ersten Menschen auf dem Mond leben?
Das langfristige Ziel des "Artemis"-Programms ist die Besiedelung des Planeten Mars. Der Mond ist dabei laut Schlutz ein wichtiger Schritt auf dem Weg und soll als eine Art Außenposten für die Marsforscher dienen. Der erste Mondlandeplatz - das "Artemis"-Basislager - soll Ende dieses Jahrzehnts errichtet werden. Auch die nationale chinesische Weltraumbehörde und die russische Weltraumbehörde (Roscosmos) planen, Anfang der 2030er eine eigene Mondbasis, die Internationale Mondforschungsstation, zu errichten. Das Basislager soll Missionen von bis zu zwei Monaten Dauer beherbergen und als Außenposten genutzt werden, um Technik und Lebensbedingungen zu optimieren. Erreichen könnten die Astronauten sie in weniger als einer Woche. Eine beeindruckende Leistung, wenn man bedenkt, dass Forscher vor 200 Jahren bis zu vier Wochen benötigten, um von Europa nach Amerika zu gelangen.
Aiden Cowley, Materialwissenschaftler bei der ESA, erklärt, dass die Systeme und Technik, die benötigt werden, um auf anderen Planeten zu leben, auf dem Mond getestet werden. "Auf dem Mond herrschen raue Lebensbedingungen. Eine der größten Herausforderungen ist es, die Astronauten vor Strahlung zu schützen. Wir erforschen die Erstellung von Wohnmodulen mit einer Außenhaut aus Regolith (Mondstaub), um sie vor dieser Strahlung abzuschirmen", führt Cowley aus. Auch Systeme für den Umgang mit Ressourcen, den Schutz vor Strahlung und die Energiegewinnung werden auf dem Mond getestet und dann auf den Mars übertragen. Die Reise zum Mars dauert ein halbes Jahr, der Mond bietet also ein leichter erreichbares Versuchsfeld. "Wir können nicht einfach anrufen, wenn wir neue Werkzeuge brauchen, aber mithilfe von 3D-Druckern können wir aus dem auf dem Mond vorhandenen Material Werkzeuge und andere Gegenstände ausdrucken", so Cowley.
Aus dem Englischen adaptiert von Phoenix Hanzo. Bei dieser Version handelt es sich um eine am 16.11. aktualisierte Fassung.