Aschewolke stört Wirtschaft
16. April 2010"So viel Flugraum war wahrscheinlich noch nie gesperrt, das ist schlimmer als nach den Anschlägen vom 11. September", sagte ein Sprecher der britischen Flugsicherung am Freitag (16.04.2010) Nach den Anschlägen 2001 wurde der Flugraum der USA für drei Tage gesperrt und europäische Fluggesellschaften mussten ihre Transatlantikrouten einstellen. Nun, nach dem Ausbruch des Vulkans unter dem Eyjafjalla-Gletscher liegt der Großteil des europäischen Flugverkehrs lahm.
Höhere Gewalt trifft vor allem Airlines
Wie hoch der wirtschaftliche Schaden für Europas größte Airline, die Lufthansa, sein wird, "lässt sich derzeit noch nicht abschätzen", sagte ein Sprecher. Fest steht allerdings: Die Lufthansa muss für ihre Flugausfälle durch die Aschewolke selbst aufkommen. Die Ausfälle der Fluggesellschaften sind - anders als Unfälle und Flugzeugabstürze - in der Regel nicht versichert, wie es beim weltgrößten Rückversicherer Munich Re und beim größten europäischen Versicherer Allianz hieß. Der wirtschaftliche Schaden sei auch nicht über die sogenannte "Betriebsunterbrechungsversicherung" gedeckt. In diesem Fall hätte die Vulkanasche Schäden beispielsweise an Industrieanlagen und Maschinen anrichten müssen. Dies sei aber wegen der geringen Dichte der Partikel in der Aschewolke derzeit nicht zu befürchten.
Doch damit nicht genug. Betroffene Airlines müssen ihren Passagieren für ausgefallene Flüge den vollen Ticketpreis inklusive Steuern und Gebühren zurückerstatten und gestrandete Fluggäste betreuen: Spätestens nach vier Stunden haben die Anspruch auf Essen und Getränke - und falls sie übernachten müssen auch auf ein Hotelzimmer. Einen darüber hinaus gehenden Schadensersatz gibt es für Reisende dagegen nicht.
Luftfahrtwerte und Reiseveranstalter büßen
An den Aktienmärkten konnte diese Nachricht allerdings wenig gegen die Aschewolke ausrichten. Europaweit sackten die Aktien von Lufthansa, aber auch British Airways und Air France-KLM ab. Neben den Fluggesellschaften sind auch die Flughafenbetreiber von der Störung des Luftverkehrs betroffen. Die Aktie des Frankfurter Flughafenbetreibers Fraport verbucht ein Kursminus von 1,8 Prozent.
Die führenden Reiseveranstalter Thomas Cook und TUI bieten ihren betroffenen Kunden kostenlose Umbuchungen und Übernachtungen an. Passagiere, deren Flüge von Air Berlin oder Lufthansa für heute gestrichen worden seien, könnten auf spätere Maschinen umbuchen, sagten Sprecher von TUI und Thomas Cook am Freitag. Zudem bekämen Gäste, die in den Urlaubsgebieten feststecken, die kommende Nacht ihres unfreiwillig verlängerten Hotelaufenthalts von den Veranstaltern bezahlt. "Danach muss man weitersehen", sagte ein TUI-Sprecher. Wie viele Kunden bei TUI und Thomas Cook betroffen sind, wollten die Konzerne nicht sagen.
Nicht nur die Bahn profitiert
Der Zusammenbruch es Luftverkehrs beeinträchtigt auch die Beförderung von Briefen und Paketen. "Wir können in die gesperrten Lufträume und aus den gesperrten Lufträumen keine Post transportieren", sagte ein Sprecher der Deutschen Post. Wie viele Briefe und Pakete betroffen sind, sei unklar. Die negativen Auswirkungen auf den Konzern ließen sich noch nicht abschätzen. Wenn möglich, weiche das Unternehmen auf den Landverkehr aus.
Bahn und Autovermietungen verzeichnen schon jetzt bessere Geschäfte. Gestrandete Reisende buchten am Freitag in Scharen Mietwagen, um an ihre Ziele zu kommen. Selbst für längere Fahrten ins Ausland wurden Mietautos genutzt. Autovermieter wie Europcar und Avis registrierten eine sprunghaft gestiegene Nachfrage. Selbst ein Lufthansa-Streik könne die Nachfrage nicht derart ankurbeln wie eine Aschewolke, sagte eine Europcar-Sprecherin. Vielfach - vor allem an Bahnhöfen - reichten die Fahrzeuge deshalb nicht aus. "In einigen Fällen können wir den Wunsch nicht bedienen", so eine Avis-Sprecherin.
Voll sind auch die Züge der Bahn. "Wir setzen alle zur Verfügung stehenden Züge ein", sagte ein Sprecher der Deutschen Bahn AG. Und auch Reedereien, die Verbindungen nach Schweden, Dänemark oder Norwegen anbieten, spüren eine anziehende Nachfrage. Seit Donnerstag seien 20 Prozent mehr Tickets als sonst verkauft worden, sagte ein Sprecher der Reederei Stena Line in Kiel.
Autor: Jutta Wasserrab (afp, dpa, rtr)
Redaktion: Klaus Ulrich