ASEAN-Staaten wollen Osttimor aufnehmen
11. November 2022Man habe sich "grundsätzlich darauf geeinigt", den 2002 unabhängig gewordenen Staat in den Bund aufzunehmen, hieß es beim ASEAN-Gipfeltreffen in der kambodschanischen Hauptstadt Phnom Penh. Ab sofort werde Osttimor ein Beobachterstatus eingeräumt. Osttimor sei damit nun zu allen Plenarsitzungen zugelassen. Wann das Land offiziell Mitglied wird, sei noch unklar, sagte der philippinische Vize-Sekretär für ASEAN-Angelegenheiten, Dan Espiritu. Das Bündnis wird nun einen Katalog an Kriterien erarbeiten, die Osttimor für die Aufnahme erfüllen muss.
Osttimor mit seinen 1,3 Millionen Einwohnern ist eines der ärmsten Länder der Welt. Nach Angaben der Weltbank lag das geschätzte Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2019 pro Kopf umgerechnet bei rund 1480 Euro pro Jahr. Im Human Development Index der Vereinten Nationen für 2020 belegt es Platz 141 von 187 Ländern.
Erstmals hatte Osttimor 2011 den Beitritt zu der asiatischen Staatengruppe beantragt. Das Land in der Osthälfte der südostasiatischen Insel Timor war einst portugiesische Kolonie. Im November 1975 erklärte Osttimor seine Unabhängigkeit von Portugal. Neun Tage später besetzte Indonesien das Land. Nach einem langen und blutigen Unabhängigkeitskampf erlangte Osttimor 2002 nach 24-jähriger Besatzung die Unabhängigkeit von Indonesien. 2012 zogen die UN-Friedenstruppen ab. Der Westen Timors gehört weiter zu Indonesien.
Mehrheitlich katholische Bevölkerung
Der ASEAN-Verbund ist politisch wie religiös ein vielfältiges Gebilde. Osttimor wird nach den Philippinen das zweite mehrheitlich katholische Mitgliedsland sein. Brunei, Malaysia und Indonesien sind mehrheitlich islamisch, Thailand, Myanmar und Kambodscha sowie die kommunistisch regierten Länder Laos und Vietnam überwiegend buddhistisch. Der Stadtstaat Singapur ist multireligiös.
Kambodscha unter Langzeit-Ministerpräsident Hun Sen hat in diesem Jahr den Vorsitz über den Staatenbund. Indonesien ist der mit Abstand größte und einflussreichste Mitgliedsstaat. Der laufende ASEAN-Gipfel dauert noch bis Sonntag. Am Samstag wird auch US-Präsident Joe Biden zum Gipfel erwartet.
Debatte über Myanmar
Vorherrschendes Thema des Gipfeltreffens war die Krise in Myanmar. Das Militär hatte im Februar 2021 die gewählte Regierung gestürzt. Seitdem geht das Regime mit zunehmender Härte gegen Oppositionelle vor. Zahlreiche Menschen wurden getötet. Die Staats- und Regierungschefs der ASEAN-Gruppe einigten sich in Phnom Penh darauf, bei der Suche nach einer Lösung auch Oppositionsgruppen einzubinden. Junta-Chef Min Aung Hlaing war zu dem Gipfeltreffen nicht eingeladen.
Der ASEAN-Verbund hatte im April 2021 einen Friedensplan mit Myanmar erarbeitet, den die Militärregierung bisher nicht umgesetzt hat. Die Staats- und Regierungschefs drängten erneut auf eine Umsetzung. "Dies ist eine Warnung, eine deutliche Botschaft der Staats- und Regierungschefs", sagte die indonesische Außenministerin Retno Marsudi. Unter den ASEAN-Mitgliedern sind vor allem Indonesien, Malaysia und Singapur für harte Konsequenzen.
kle/qu (dpa, kna, afp)