Assads Verbündete
14. Februar 2012Der türkische Premierminister Recep Tayyip Erdogan und Außenminister Ahmet Davutoglu positionieren sich immer mehr als Gegner der gegenwärtigen Regierung in Damaskus. Auch die meisten Türken lehnen inzwischen das Regime von Baschar al-Assad ab. Doch in den südlichen Provinzen der Türkei gehen die Meinungen über den syrischen Präsident weit auseinander.
Anhänger von Assad
So auch in der Stadt Antakya, unweit der Grenze zu Syrien. In einem Café auf dem farbenprächtigen alten Basar diskutieren Männer bei einer Partie Backgammon über die Krise im Nachbarland. "Die Türkei sollte sich nicht in die inneren Angelegenheiten Syriens einmischen", sagt Saban Dogan. "Die Türkei sollte zuerst ihre eigenen Probleme lösen."
Ayoub Derin nickt zustimmend und nimmt einen Schluck Tee. "Ich stehe zu Baschar. Ich unterstütze ihn", bekennt er. "Ich lese regelmäßig die alawitische Zeitung 'Aydinlik'. Da erfahren wir, was dort in Syrien wirklich passiert." Die beiden gehören zur alawitischen Gemeinde in Antakya, die sich dem syrischen Präsidenten eng verbunden fühlt.
Alawitische Solidarität
Denn Baschar al-Assad ist Alawit. Die Alawiten sind - ebenso wie die Aleviten - eine Glaubensgemeinschaft, die sich vom schiitischen Islam abgespalten hat. In vielen Ländern des Nahen Ostens wurden ihre Anhänger von den zumeist sunnitischen Regierungen unterdrückt. Heute gibt es etwa vier Millionen alawitische Muslime, die überwiegend im Libanon, der Türkei und in Syrien leben.
Dass die Alawiten in Syrien als religiöse Minderheit eine so dominierende Stellung im Staat einnehmen, hat historische Gründe: Als 1918, am Ende des Ersten Weltkriegs, große Gebiete des Nahen Ostens zwischen Frankreich und Großbritannien aufgeteilt wurden, gab die Regierung in Paris den Alawiten in Syrien hohe Posten in der Armee und in der Regierung als Belohnung für ihre Unterstützung des britischen Mandats vor Ort. Seither haben die Alawiten ihre Macht in Syrien bewahrt.
Ali Yeral ist der Leiter der alawitischen Ehli-Beyt-Stiftung in Antakya. Er wünscht sich keinen Regierungswechsel in Syrien. "Wir sind besorgt. Wenn Präsident Assad geht, könnte es zu einem Völkermord an den Alawiten kommen, verübt von denselben blutigen Händen, die ihn stürzen wollen." Ali Yeral ist auch gegen eine weitere Einmischung der Türkei. "Warum Syrien?" fragt er. "Was ist mit Saudi Arabien, wo die Frauen nicht wählen dürfen? Oder Kuwait, Bahrain, Oman, Jemen, Jordanien - brauchen die keine Demokratie?"
Oft hört man auch Verschwörungstheorien: "Hundertprozentig stehen Amerika und Israel hinter dem Aufstand in Syrien", sagt Recep Bakir, ein Alawit mittleren Alters. Er besitzt ein Geschäft auf dem zentralen Basar von Antakya. "Schau zum Beispiel auf Gaddafi, auf die Situation in Ägypten. Die USA stecken hinter all diesen Ereignissen."
Während die türkischen Alawiten größtenteils für eine zurückhaltende Politik gegenüber Syrien plädieren, bemüht sich die türkische Regierung, eine internationale Syrien-Konferenz zu organisieren, um den Druck auf das Assad-Regime zu verstärken. Inzwischen befinden sich rund 10.000 syrische Flüchtlinge in der Türkei. Obwohl der türkische Außenminister Ahmed Davutoglu unlängst betonte, alle syrischen Flüchtlinge seien in der Türkei willkommen, hat die Regierung in Ankara großes Interesse daran, dass aus Zehntausenden nicht Hunderttausende werden.
Autorin: Natalie Carney
Redaktion: Rachel Gessat / Arnd Riekmann