Atlético Mineiro träumt vom großen Coup
16. Dezember 2013
Was für eine Verabschiedung! Als die Spieler des brasilianischen Fußballteams Atlético Mineiro sich am Montag vergangener Woche (09.12.2013) auf den Weg zur Klub-Weltmeisterschaft in Marokko machten, wurden sie am Flughafen von Belo Horizonte von einer riesigen Fangruppe überrascht: Über 7000 Anhänger der Mannschaft warteten dort, um ihrem Team kurz vor Abflug noch einmal Glück zu wünschen. Und auch der Empfang in Marrakesch artete dank zahlreicher Fans und Journalisten zu einem kleinen Tumult aus. Hauptziel der Aufmerksamkeit war einmal mehr der berühmteste Atlético-Mitspieler: der ehemalige Weltfußballer Ronaldinho.
Die Fans und der Fußball-Star: Ronaldinho ist nicht mehr wegzudenken aus der Welt des brasilianischen Erstligisten Atlético Mineiro. Zwar gehört die Fangemeinde zahlenmäßig nicht zur Spitzengruppe im brasilianischen Fußball - aktuell ist sie laut Befragungen nur die Nummer neun. Dafür gelten die rund 4,5 Millionen Atlético-Anhänger aber als äußerst engagierte Fans.
Und die Liebe beruht auf Gegenseitigkeit: "Wir tragen unsere Fans in unserem Herzen, sie fließen durch unsere Adern, und mit denen binden wir unsere Fußballschuhe”, schwärmt Trainer Cuca mit typisch brasilianischem Pathos gleich im ersten Interview in Marokko. "Es hat uns sehr berührt zu sehen, wie sie sich für uns einsetzen. Wir müssen einen Erfolg zurück nach Hause bringen, sie sind uns so dankbar.“
4,5 Millionen Fans - ein Traum
Zurzeit haben diese 4,5 Millionen Fans einen Traum: Ihr Team soll den Titel für den besten Fußballverein der Welt nach Belo Horizonte bringen. Damit würde Atlético das schaffen, was ihr Erzrivale bereits zwei Mal verpatzte: Cruzeiro Belo Horizonte verlor nämlich bereits zweimal im Finale der Klub-WM - beide Male gegen eine deutsche Mannschaft: 1976 ging das Endspiel 2:0 für Bayern München aus, 1997 endete das Finale ebenfalls mit 2:0 für Borussia Dortmund.
Dieses Jahr muss sich Atlético, vorausgesetzt, beide Teams erreichen das Endspiel, wieder den Bayern stellen und schaffen, was viele für unmöglich halten: den Gewinner der europäischen Champions League, trainiert von Pep Guardiola, schlagen. Obwohl sie - ganz im Gegensatz zu den Bayern - seit 1971 keinen einzigen nationalen Titel mehr errungen haben, sind Fans und Mannschaft siegessicher.
Nur brasilianische Spieler
Um das große Ziel zu erreichen, setzt Trainer Cuca auf ein erfahrenes Team, das ausschließlich aus Brasilianern besteht: Im Tor steht Nationaltorwart Victor. In der Abwehr spielen Réver, Ex-Wolfsburger und ebenfalls nominiert für die WM 2014 , sowie Gilberto Silva, der 2002 als Mittelfeldspieler der brasilianischen Seleção den fünften WM-Titel nach Brasilien holte.
Wenn Atlético die gleiche Strategie wie in den letzten Monaten fährt, dann wird Trainer Cuca wohl auf eine 4-2-4-Aufstellung setzen. Es gibt also nur zwei Mittelfeldspieler: den noch unbekannten, aber kämpferisch starken Pierre und sehr wahrscheinlich Josué, ebenso Ex-Spieler des VFL Wolfsburg wie Réver. Auch er hat bereits WM-Erfahrung mit dem brasilianischen Team gesammelt, 2010 in Südafrika.
Den Sturm bilden vier Spieler: Doch wer genau vorne spielen wird, das hat Trainer Cuca noch nicht verraten. Auf jeden Fall sind aber die offensiven Mittelfeldspieler Jô und Ronaldinho dabei.
Ronaldinho wichtig für Atlético
Der 33-jährige Ronaldinho glänzt zwar nicht mehr mit den gleichen Leistungen wie zu seinen besten Zeiten beim FC Barcelona. Trotzdem blühte er bei Atlético nach seiner Rückkehr aus Europa noch einmal auf. Seit einer Muskelverletzung am linken Bein vor zwei Monaten stand er allerdings so gut wie gar nicht mehr auf dem Spielfeld.
Doch Ronaldinho ist allein schon als Idol unersetzlich. Auf ihn projizieren die Fans ihre Hoffnungen. Sollte er in Marokko in Form sein, könnte er auch fußballerisch wieder zu einer wichtige Waffe für Atlético avancieren. "Wir werden gerade heraus und offensiv auftreten. Wir ändern nichts an unserer Taktik. Wir spielen so, wie wir eben spielen, und so ist es am besten", sagte Ronaldinho kürzlich in einem Interview.
Teures Vergnügen
Atléticos Fans teilen Ronaldinhos Optimismus. Mehr als 10.000 Eintrittskarten sollen bereits an die Fans aus Brasiliens Südosten verkauft worden sein. Keine andere Fangruppe hat sich bei der Klub-WM so viele Karten gesichert. Dabei ist das Vergnügen Tickets nicht gerade billig. Allein der Flug von Brasilien nach Marrakesch kostet um die 1000 Euro. Doch auch das ist den Vollblutfans nicht zu viel, wenn sie am Ende Augenzeuge werden sollten, wie ihr Verein den größten Erfolg seiner langen Geschichte einfährt.