Auch Genesene brauchen eine COVID-Impfung
14. Mai 2021Weltweit haben sich inzwischen rund 160 Millionen Menschen mit SARS-CoV-2 infiziert, in Deutschland sind es nachweislich 3,548 Millionen. Davon sind inzwischen rund 3,231 Millionen Personen genesen, was mehr als 90 % aller bestätigten Fälle entspricht. Das lässt erahnen, wie groß weltweit auch weiterhin der Bedarf an Impfstoffen sein wird.
Denn auch Menschen, die die Infektion bereits hinter sich haben, sollten eine Impfung erhalten, um ihren nach der Infektion gebildeten Immunschutz möglichst stark und lange aufrechtzuerhalten. Weil Impfdosen vielerorts Mangelware sind, wird diese Gruppe bei den laufenden Impfkampagnen allerdings nicht priorisiert.
Guter Schutz direkt nach Corona-Infektion
Nach ihrer Infektion entwickeln Genesene vorübergehend einen Schutz gegen eine erneute Ansteckung. Laut einer österreichischen Studie sinkt das Re-Infektionsrisiko in den ersten fünf bis sechs Monaten um etwa 91 %. Das ist etwa so hoch wie nach einer Impfung mit einem besonders effektiven Wirkstoff.
Allerdings nimmt die Zahl der Antikörper, die als "humorale Immunantwort" das Eindringen der Viren in die Zelle verhindern, im Laufe der Zeit ab - vor allem nach einem milden Krankheitsverlauf.
Zum Glück verfügt unser Immunsystem aber noch über eine zweite, zelluläre Immunantwort durch die T-Lymphozyten. Diese T-Zellen gehören zu den weißen Blutkörperchen. Als spezialisierte T-Effektor-Gedächtniszellen erkennen sie beim erneuten Kontakt mit dem SARS-CoV-2-Virus nicht nur das markante Spike-Protein, sondern auch weitere Strukturen der Virusoberfläche und sie bekämpfen den Eindringling sofort.
Impfung frühestens nach sechs Monaten
Um keine übertriebenen Immunreaktionen auszulösen und natürlich auch weil die Impfstoffe noch sehr knapp sind, empfehlen Mediziner eine Impfung für Genesene frühestens sechs Monate nach ihrer Infektion.
Bei Genesenen fällt die Impfreaktion eher stärker aus als bei Personen, die noch nicht infiziert waren. Dies sei auch nicht verwunderlich, erläuterte die Virologin Sandra Ciesek im NDR-Corona-Podcast: "Das Immunsystem ist lernfähig. Und bei den Genesenen hatte der Körper ja schon einmal Kontakt mit dem Erreger", so Ciesek. Nach einer Impfung werde das Immunsystem bei diesen Menschen dann viel schneller und stärker aktiviert.
Eine Dosis reicht bei Genesenen
Die meisten derzeit verfügbaren Impfstoffe entfalten ihre vollständige Wirkung erst nach zwei Injektionen, nur bei der Vakzine von Johnson & Johnson genügt eine einzige Spritze.
Und auch für das Immunsystem Genesener ist eine Dosis ausreichend, weil der Körper das Coronavirus bereits kennt. Diese Einzelimpfung erzielt bereits eine deutliche Booster-Wirkung - vor allem bei der T-Zell-Reaktion.
RKI und STIKO haben ihre Impfempfehlung für Genesene entsprechend aktualisiert: Eine einzelne Impfung nach frühestens sechs Monaten reicht. "Aufgrund der bestehenden Immunität nach durchgemachter Infektion kommt es durch die 1-malige Boosterung durch die Impfung zu einer sehr guten Immunantwort. Für die Impfung von Genesenen können alle zugelassenen COVID-19-Impfstoffe verwendet werden", so das RKI.
Jährliche Corona-Impfungen nötig?
Unser Immunsystem reagiert auf die verschiedensten Krankheitserreger immer unterschiedlich. Sind die Masern beispielsweise einmal überstanden, kann man sich danach nicht mehr erneut damit infizieren. Auch gegen Keuchhusten oder Gelbfieber reicht eine einmalige Impfung ein Leben lang.
Bei den sich jährlich ändernden Grippe-Viren sieht dies allerdings anders aus, weshalb sich Menschen mit einem schwachen Immunsystem durch eine jährliche Grippeschutzimpfung schützen sollten.
Die zahlreichen Mutationen zeigen, dass auch SARS-CoV-2 sehr komplex und wandlungsfähig ist. Wahrscheinlich werden wir erst in den kommenden Jahren genau wissen, ob eine Auffrischung jährlich oder im Abstand von mehreren Jahren nötig sein wird.