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Auch in Tripolis regiert das Geld

Peter Philipp 11. August 2004

Libyen scheut keine Mühen und vor allem Kosten, um wieder anerkanntes Mitglied der Staatengemeinschaft zu werden. Dies zeigt auch die Entschädigung der "La-Belle"-Opfer. Doch reicht das, fragt sich Peter Philipp.

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Den Verletzten und Hinterbliebenen des Anschlages auf die Berliner Diskothek "La Belle" vor 18 Jahren mag es ein schwacher Trost sein, dass sie nun doch endlich eine materielle Entschädigung für das ihnen widerfahrene Leid erhalten. Und auch die Politik ist zufrieden, weil der Weg geebnet sein könnte für einen Neubeginn mit Libyen. Aber es können – und müssen – doch auch einige ernste Fragen gestellt werden – besonders die nach Moral, Politik und Geschäft.

Reue und Umkehr?

Wenn Libyen sich im Fall "La Belle" nach langen Geheimverhandlungen bereiterklärt hat, 35 Millionen US-Dollar Wiedergutmachung zu zahlen, dann hat es doch immer noch nicht zugegeben, für den Anschlag verantwortlich gewesen zu sein, wie das Berliner Landgericht dies festgestellt hatte. Kann man deswegen von Reue und Umkehr sprechen? Die nämlich wären ja wohl eigentlich Voraussetzung für eine Rückkehr des nordafrikanischen Ölstaates in die Völkerfamilie. Aber so funktioniert das nicht in einer Welt, in der Länder im Namen des Kampfes gegen den Terror mit Krieg überzogen werden oder auch, um ihnen Demokratie zu bringen.

Libyens Staatschef Muammar el Gaddafi hat das längst erkannt: Nicht Reue und Umkehr sind wichtig, sondern das Scheckbuch: 2,7 Milliarden Dollar für die Hinterbliebenen von Lockerbie, 170 Millionen für die eines französischen Flugzeuges, das über Westafrika explodierte, ein paar Millionen zur Auslösung deutscher Geiseln in Südostasien und Algerien. Hierfür wurden die Sanktionen gegen Libyen aufgehoben und Gaddafi in Brüssel empfangen. Und europäische Politiker machen ihm wieder die Aufwartung -noch in diesem Jahr auch der Bundeskanzler.

Griff in die Portokasse

Es ist fast so wie in einem exklusiven Tennisklub, in den man sich einkaufen muss, um dann von den Vorteilen der "besseren Gesellschaft" profitieren zu können. Vorteile, die das Einstandsgeld bei weitem übersteigen. So auch im vorliegenden Fall. Die 35 Millionen Dollar – zahlbar in Raten - sind wahrlich gut angelegt: Deutschland wird sich wirtschaftlich wieder in Libyen engagieren – hierfür sollen wieder "Hermes"-Bürgschaften genehmigt werden – und auch die Exporte Libyens nach Deutschland werden die bisherige Zwei-Milliarden-Dollar-Linie sicher rasch übersteigen. Da sind 35 Millionen gerade mal ein Griff in die Portokasse.

Es wäre indes falsch, die Vereinbarung von Berlin nun völlig klein zu reden. Denn eine dauerhafte Isolierung und Verteufelung eines Staates kann auch niemandem nutzen. Die internationale Staatengemeinschaft hat ein Interesse an geregelten und normalen Beziehungen, von den wirtschaftlichen Interessen ganz zu schweigen. Nur - es sollte immer das richtige Maß gefunden werden: Beziehungen um jeden Preis sind sicher falsch, weil hierfür immer grundlegende Werte geopfert werden. Aber man sollte auch schon ein wenig mehr Ehrlichkeit erwarten können. Im vorliegenden Fall eben: Reue und Umkehr. Dass Libyen dazu imstande ist, hat es 2003 demonstriert, als es sein noch junges Atomprogramm aufgab und die dazu benützten Gerätschaften samt und sonders in die USA verfrachtete.

Ironische Fußnote zum ganzen: Libyen fordert nun als "Gegenleistung" von den USA Entschädigung für die Opfer der amerikanischen Gegenangriffe. Vielleicht, um Klagen der amerikanischen "La Belle"-Opfer in den USA zu entschärfen, oder aber um sich eine Hintertür für den Berliner "Deal" offen zu halten. Geld regiert die Welt, auch in Tripolis.