Auch Opposition scheitert an Regierungsbildung
20. November 2019Benny Gantz habe Staatspräsident Reuven Rivlin darüber informiert, dass er "keine Regierung bilden" könne, erklärte sein Mitte-Bündnis Blau-Weiß. Die 28-tägige Frist, die der Ex-Militärchef zur Regierungsbildung hatte, endet in der Nacht zum Donnerstag. Vor Gantz war bereits der geschäftsführend amtierende rechtskonservative Ministerpräsident Benjamin Netanjahu mit seinem Likud-Block mit dem Versuch der Regierungsbildung gescheitert.
Letzte Chance zur Regierungsbildung - reine Theorie
Nach Gantz' Rückgabe des Mandates kann nun jeder Abgeordnete versuchen, eine Mehrheit von 61 der insgesamt 120 Parlamentarier für eine Regierungskoalition zu suchen. Scheitert auch dies innerhalb der nächsten 21 Tage, droht Israel eine dritte Parlamentswahl innerhalb eines Jahres. Denn das Parlament würde dann automatisch aufgelöst werden. Innerhalb von 90 Tagen müsste dann regulär eine Neuwahl angesetzt werden. Sie könnte nach Medienberichten in der ersten Märzhälfte stattfinden.
Keiner will so wirklich mit den anderen
Schon im Laufe des Tages hatte sich abgezeichnet, dass Israel wegen der hartnäckigen Blockadehaltung der Kontrahenten Gantz und Netanjahu vermutlich wieder auf Neuwahlen zusteuert. Bemühungen um die Bildung einer großen Koalition von Blau-Weiß und Likud hatten zuvor nicht gefruchtet. Netanjahu bestand darauf, mit einem ganzen Block rechter und religiöser Parteien in das Bündnis einzutreten.
Gantz hat sich jedoch zur Bildung einer liberalen, säkularen Koalition verpflichtet und lehnte auch ein Bündnis mit Netanjahu als Regierungschef ab, weil diesem Anklagen in drei Korruptionsfällen drohen. Als weitere Option wurde die Bildung einer Minderheitsregierung gehandelt - Blau-Weiß mit linksliberalen Fraktionen und der Unterstützung der Vereinigten Arabischen Liste von außen.
Doch dafür wäre Gantz auch auf Avigdor Lieberman von der ultrarechten Partei Israel Beitenu angewiesen gewesen. Dieser galt als Königsmacher, erklärte aber am Mittwochmittag, weder eine Minderheitsregierung zu unterstützen, noch eine rechts-religiöse Koalition mit einer knappen Mehrheit.
Neuwahl dürfte kaum klarere Verhältnisse bringen
Die Regierungsbildung gestaltet sich so schwierig, weil weder das rechts-religiöse noch das Mitte-Links-Lager über eine Mehrheit verfügt. Blau-Weiß ist mit 33 von 120 Mandaten als stärkste Kraft aus der Wahl am 17. September hervorgegangen. Der Likud hat 32 Mandate. Netanjahu erhielt jedoch 55 Empfehlungen von Abgeordneten für das Amt des Ministerpräsidenten, Gantz eine Stimme weniger. Nach einer aktuellen Umfrage würde eine erneute Wahl letztlich fast das gleiche Ergebnis bringen.
Der 70-jährige Netanjahu, der seit 2009 ununterbrochen regiert, war bereits nach der Wahl im April und nach der Ende September mit der Regierungsbildung gescheitert. Seitdem steht er an der Spitze einer Übergangsregierung.
qu/rb (dpa, afp ,rtr)