Auch neues Insektizid schädigt Hummeln
15. August 2018Als möglicher Ersatzstoff für hochgiftige Insektizide galt bislang Sulfoxaflor. Er soll Pflanzenschädlinge töten, nützliche Insekten aber verschonen. In der EU ist der Wirkstoff bereits zugelassen, Anträge auf ihren Einsatz liegen den einzelnen Mitgliedsstaaten bereits vor.
Sulfoxaflor schädigt die Fortpflanzung
Forscher der Royal Holloway University of London nahmen in einer Studie Sulfoxaflor nun genauer unter die Lupe. Das Team um Harry Siviter setzte für die Studie 25 Hummel-Völker zwei Wochen lang Sulfoxaflor in den gleichen Konzentrationen aus wie sie beim Einsatz auf Feldern auftreten würden.
Schon nach zwei bis drei Wochen wurde deutlich: Bei den Hummelvölkern, die mit Sulfoxaflor in Kontakt gekommen waren, ging der Nachwuchs - im Vergleich mit unbehandelten Hummeln - um insgesamt 54 Prozent zurück.
Würde der Ersatzstoff eingesetzt, könne das Langzeitfolgen für die Bestände haben, ähnlich wie bei Neonikotinoiden, schreiben die Forscher in der aktuellen Ausgabe des britischen Fachmagazins "Nature".
Zulassungspraxis in der Kritik
Für Pestizidexperten sind die Ergebnisse der Studie keine Überraschung. "Auch Sulfoxaflor ist ein systemisches Nervengift, wird von der Pflanze aufgenommen und hat eine ähnliche Wirkung auf die Insekten wie die nun in der EU verbotenen Neonikotinoide", erklärt Pestizid- und Bienenexpertin Corinna Hölzel von der Umweltorganisation BUND.
Hölzel kritisiert in diesem Zusammenhang auch die bisherige Zulassungspraxis in der EU. Dort verließen sich die Behörden nur auf die Studien der Chemieunternehmen und nicht auf zusätzliche, unabhängige Studien.
Auch dass keine Langzeiteffekte für Tier- und Umwelt bei den Zulassungsverfahren berücksichtigt und geprüft würden, sei ein großes Defizit, so Hölzel zur DW. Das gleiche gelte für die Wechselwirkungen verschiedener Chemikalien, die auf Äckern eingesetzt würden.
Weil der Einsatz von Neonikotinoiden und ähnlich wirkenden Insektengiften auch nützlichen Insekten schade und damit zum massiven Verlust der Artenvielfalt beitrüge, forderten 233 Forscher im Juni im Wissenschaftsmagazin Science ein weltweites Verbot dieser Mittel.
Für die industrielle Landwirtschaft mit viel Monokultur wäre dies eine große Herausforderung. Sie müsste sich umorientieren und wieder mit traditionellen Methoden arbeiten, wie zum Beispiel mit Fruchtfolgen, kleineren Feldern, Hecken und Blühwiesen. "Das ist möglich, und es wird in der biologischen Landwirtschaft auch so praktiziert. Synthetische Pestizide lassen sich so vermeiden", so Hölzel.
Chemieunternehmen wie Bayer und Syngenta halten sehr wenig von einem Verbot dieser Insektizide. Deshalb hatten sie gegen das EU-Verbot von besonders schädlichen Neonikotinoiden geklagt. Das Gericht der Europäischen Union in Luxemburg wies diese Klage im Mai ab.