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Die Safran-Revolution

Ina Rottscheidt26. September 2007

Seit Tagen demonstrieren Zehntausende in Birma friedlich gegen das Militärregime und träumen von der "Safran-Revolution". Die Chancen für einen Wechsel stehen nicht schlecht, meinen Experten.

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Buddhistische Mönche protestieren vor der Shwedagon Pagode, Foto: AP
Die Proteste in Birma halten anBild: AP

Unruhen gibt es in Birma seit der Errichtung der Militärdiktatur, doch so viele wie in diesen Tagen sind in dem abgeschotteten Staat noch nie auf die Straße gegangen. "Die Leute haben seit 45 Jahren Angst", so Bernd Forster von Amnesty International. Die Menschenrechtsorganisation zählt derzeit rund 1500 politische Häftlinge, die seit Jahren ohne Haftbefehl und Verteidigung in Gefängnissen sitzen, Folter ist an der Tagesordnung: "Willkürliche Verhaftungen muss in Birma jeder Oppositionelle fürchten, es gibt keine Pressefreiheit und keine Reisefreiheit", sagt Forster.

Das prominenteste Beispiel für die Unterdrückung ist die Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, die seit 17 Jahren unter Hausarrest steht. "Mit ihrer Partei der Nationalen Liga für Demokratie (NLD) hatte die Oppositionsführerin 1990 bei den ersten freien Wahlen des Landes fast 80 Prozent der Parlamentssitze erlangt, doch die Militärs weigern sich bis heute, die Macht abzugeben.

Fischer in Birma, Foto: dpa
Armut ist der Alltag in BirmaBild: picture-alliance/dpa

Eines der ärmsten Länder der Welt

Seit 1962 haben dort Generäle die Macht, 1989 gaben sie dem Land den neuen Namen "Union Myanmar", in birmanischer Sprache ein Synonym für Birma. Viele Staaten, unter anderem die USA, halten jedoch an dem alten Namen fest, als Zeichen ihrer Missbilligung des Militärregimes. Vor zwei Jahren verlegte sie den Regierungssitz von Rangun in die neu errichtete Hauptstadt Naypyidaw im Dschungel. Junta-Chef General Than Shwe tritt so gut wie nie öffentlich in Erscheinung. Das südostasiatische Land, einst die Reiskammer der Region, gehört heute laut den Vereinten Nationen zu den 20 ärmsten Ländern der Welt. Das durchschnittliche Jahreseinkommen der 54 Millionen Einwohner liegt nach Informationen des Auswärtigen Amtes pro Kopf bei etwa 260 US-Dollar.

Darum hatten drastische Preiserhöhungen für Gas und Benzin in der vergangenen Woche die Massenproteste ausgelöst, der sich jedoch mittlerweile allgemein gemein gegen die repressive Politik der Militärregierung richtet. Die letzten und bislang einzigen Demonstrationen in Birma gingen allerdings blutig aus: 1988 lehnten sich Studenten gegen die Hungersnot im Land und das Regime von Ne Win auf. Dieses reagierte mit einer brutalen Niederschlagung, bei der nach Informationen von Amnesty International rund 3000 Menschen getötet wurden.

Demokratiebewegung 1988 in Birma (Archiv), Foto: AP
1988 schlugen die Militärs die Aufstände in Birma blutig niederBild: AP

"Die Chancen für eine Revolution sind gut"

Menschenrechtsexperte Forster hofft jedoch auf einen friedlichen Ausgang der Proteste, Birmas Oppositionelle träumen bereits von einer Revolution nach dem Vorbild Thailands: Der Buddhismus spielte auch dort bei den politischen Umwälzungen im vergangenen Jahr eine wichtige Rolle. Mönche gelten in der birmanischen Gesellschaft als einflussreich und unantastbar. Rund 90 Prozent der Bevölkerung sind gläubige Buddhisten, auch die höchsten Generäle. Dass diese auf die religiösen Führer schießen würden, hält Forster daher für unwahrscheinlich: "Insofern hat der Aufstand jetzt eine sehr gute Chance", so seine Prognose.

Aber auch das Verhalten Chinas spielt eine große Rolle: Für Peking hat Birma eine enorme geostrategische Bedeutung, denn dort gibt es alles, was Chinas aufstrebende Industrie dringend braucht: Bodenschätze, Holz, Öl, Erdgas und einen strategisch wichtigen Zugang zum Golf von Bengalen. Allein Birmas Gasreserven im Meer werden auf 2,48 Billionen Kubikmeter geschätzt, etwa 1,4 Prozent des Weltvorkommens. Im Gegenzug lieferten chinesische Rüstungsbetriebe Birma in den vergangenen zwanzig Jahren Waffen für mindestens zwei Milliarden US-Dollar, so der US-Experte David Steinberg.

China hat die Schlüsselrolle

Darum kommt China in dem Konflikt eine Schlüsselrolle zu, glaubt der stellvertretende Vorsitzende der Parlamentariergruppe ASEAN im Bundestag, Jürgen Koppelin (FDP): "Ich rate Europa und den USA dringend ab, auf Birma Einfluss zu nehmen, weil es nichts bringt. Die einzigen, die Einfluss ausüben können, sind China und 'ASEAN', die 'Vereinigung Südostasiatischer Nationen'", sagt er.

Diese müssten Birmas Junta dazu bewegen, dass sie gemeinsam mit den buddhistischen Führern nach einer Übergangslösung sucht, eine neue Verfassung schafft und in Zeitabschnitten das Land in die Demokratie führt. "Das ist realistisch, wenn der Druck von China kommt", so Koppelin, denn eine blutige Niederschlagung des Protestes werde die Militärjunta auch nicht retten. Auf Chinas positiven Einfluss hofft auch Bernd Forster: "Der Fokus der Weltöffentlichkeit ist jetzt auf das Land gerichtet und auch Peking ist wegen der Olympischen Spiele 2008 unter Druck. Massive Menschenrechtsverletzungen können sich beide Länder nicht leisten."

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