Jagd auf die Komplizen
16. November 2015Nach den verheerenden Anschlägen in Paris ist mindestens ein Verdächtiger auf der Flucht. Die belgische Justiz schrieb den 26-Jährigen Abdeslam Salah international zur Fahndung aus. Die Zeitung "Le Monde" berichtete auf ihrer Website, Salah sei am Samstag von der Polizei im nordfranzösischen Cambrai nahe der belgischen Grenze im Zuge der verschärften Grenzkontrollen überprüft worden. Im Auto hätten noch zwei Mitfahrer gesessen. Zu dem Zeitpunkt war den Behörden bereits seit Stunden bekannt, dass Salah den Wagen gemietet hatte, den die Bataclan-Attentäter genutzt hatten. Salah ist ein Bruder eines der Selbstmordattentäter aus dem Pariser Konzertsaal Bataclan, in dem allein fast 90 Menschen getötet wurden.
Hausdurchsuchung bei Paris
Die spanische Zeitung "El Pais" berichtete auf ihrer Webseite, Frankreichs Ermittlungsbehörden hielten es auch für möglich, dass sich Salah nach Spanien abgesetzt haben könnte. Demnach sei Spanien ebenso wie Belgien über das Informationssystem des Schengen-Raums alarmiert worden, auf eine mögliche Einreise des Verdächtigen zu achten. Dessen Flucht nach Spanien sei aber "nur eine Möglichkeit", hieß es in dem Zeitungsbericht.
An mehreren Orten in Frankreich gab es in der Nacht zum Montag Razzien. Bei der Fahndung nach den Drahtziehern der Terrorserie gab es am späten Sonntagabend eine Hausdurchsuchung im Hauptstadtvorort Bobigny, wie die Nachrichtenagentur AFP berichtete. Nähere Details zu der Razzia und deren Ergebnissen wurden offiziell zunächst nicht mitgeteilt. Die Regionalzeitung "La Dépêche du Midi" berichtete zudem über einen Großeinsatz von Spezialeinheiten gegen Islamistenkreise in Toulouse. Laut AFP hängt die Operation nicht nur mit den Ereignissen in Paris, sondern mit dem allgemeinen Anti-Terror-Kampf zusammen: Mindestens drei Personen seien festgenommen und eine Waffe beschlagnahmt worden, hieß es unter Berufung auf Kreise der Staatsanwaltschaft. Die Zeitung "Le Dauphiné Libéré" berichtete zudem über eine nächtliche Durchsuchung von 15 Objekten im Großraum Grenoble
Attentäter wollte ins Stadion
Mittlerweile gilt als gesichert, dass die Attacken von insgesamt drei Terrorkommandos verübt wurden. Sie schlugen koordiniert an sechs Orten in der französischen Hauptstadt und im Vorort Saint-Denis zu. Dabei benutzten sie Sturmgewehre des Typs Kalaschnikow und trugen identische Sprengstoffwesten. Sieben Attentäter starben bei den Anschlägen. Die Terroristen wollten anscheinend auch in das Fußballstadion während des Länderspiels Frankreich gegen Deutschland eindringen. Im Stadion saßen fast 80.000 Zuschauer.
Ein Deutscher unter den Opfern
Bei der beispiellosen Anschlagsserie waren am Freitag mindestens 129 Menschen getötet worden, gut 350 wurden teils schwer verletzt. Unter den Toten ist mindestens ein Deutscher. Der 28-Jährige habe seit längerem in Paris gelebt, verlautete aus dem Kriseninterventionsteam München. Unklar blieb, ob es weitere deutsche Opfer gab.
Als Drahtzieher der minutiös geplanten Terrorserie gilt die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS). Über drei der mindestens sieben getöteten Angreifer sind inzwischen erste Details bekannt. Einer der identifizierten Bataclan-Attentäter war ein polizeibekannter Islamist mit französischem Pass. Zwei der getöteten Attentäter lebten zuletzt im Großraum Brüssel. Es handele sich um Personen mit französischem Pass, wie die dortige Staatsanwaltschaft mitteilte. Bei einer Razzia im Brüsseler Einwanderer-Stadtteil Molenbeek wurden am Samstagabend sieben Menschen festgenommen. In den vergangenen Jahren waren Einwohner des Viertels bereits wiederholt in islamistische Anschläge verwickelt. Die Bürgermeisterin von Molenbeek, Francoise Schepmans, sprach von einem "Netzwerk" in dem Stadtteil.
Rätsel um Pass und Waffenfund
Bei den Überresten eines der Selbstmordattentäter vom Stade de France wurde ein syrischer Pass gefunden. Nach griechischen Angaben wurde der Besitzer des Ausweises am 3. Oktober als Flüchtling in Griechenland registriert. Der 25-Jährige soll dann vier Tage später in Serbien eingetroffen sein. Allerdings konnte der Tote noch nicht eindeutig anhand seiner Fingerabdrücke identifiziert werden. Spekuliert wird, dass dieser Mann und ein weiterer Attentäter als Flüchtlinge getarnt in die EU eingereist sein könnten.
Rätsel gibt außerdem ein Mann aus Montenegro auf, der vor gut einer Woche von der Polizei in Oberbayern unter anderem mit Kalaschnikow-Sturmgewehren, Handgranaten sowie Sprengstoff im Auto gestoppt wurde. Angeblich war er damit auf dem Weg nach Paris. Ein Zusammenhang mit den Anschlägen wird geprüft
ml/stu (afp,rtr,dpa)