Auf Korksohlen zum Erfolg
2. Februar 2004Ein kleiner Ort im Westerwald – dort, in einem unscheinbaren Industriegebiet, steht die Zentrale von Birkenstock. Verkaufsleiter Bernd Hillen zeigt stolz eine Weltkarte: San Francisco, Montreal, Melbourne, Tokio – Birkenstock arbeitet mit Partnern aus der ganzen Welt. Neuerdings sogar auf den Fidschi-Inseln – der Sohn eines Hamburger Kunden, ist vor vielen Jahren auf die Südsee-Inseln ausgewandert ist.
Während Deutsche bei dem Unternehmen mit der "Tradition seit 1774" immer noch an Spreizfüße und Ökofreaks denken, spielt dies im Ausland kaum noch eine Rolle.
Sexy Ökolatschen
Das Image der ehemals angestaubten Marke, die nun auch in England, Italien und Frankreich richtig hip ist, hat Birkenstock dank eines genialen Marketing-Schachzugs aufgepeppt. Super-Model Heidi Klum aus der rheinischen Nachbarschaft Bergisch Gladbach wurde an Land gezogen. "Wir haben also selber mal Herrn Klum angesprochen, und eben nachgefragt, was er denn davon hielte, wenn Heidi Klum Birkenstock-Schuhe designed", erklärt Pressemann Marco Picado, "Heidi lebt in New York. Birkenstock ist in den USA sehr erfolgreich. Und so wurde eigentlich diese Kooperation nach eineinhalb Jahren Verhandlungen vereinbart." Das Ergebnis: Birkenstock styled by Heidi-Klum-Kollektion.
Erfolgsrezept: Latex, Jute, Kork
Neben der Heidi-Klum-Kollektion und anderen trendigen Designs wie Asien Print oder Papillo bleibt die klassische Sandale mit Fußbett vom Typ "Boston" der Erfolgsgarant für das Unternehmen: erfunden von Konrad Birkenstock, einem Urahn der heutigen Birkenstock-Familie. Aus Naturlatex, Jute und einem Stück Korkrinde, sagt Verkaufs-Chef Bernd Hillen: "Das ist das Rohmaterial für unser Fußbett. Die Korkrinde wird alle neun Jahre geschält, geglättet, wir dann, wie Sie hier sehen, in Streifen geschnitten", erklärt Hillen. "Aus diesen Streifen werden die Weinkorken gestanzt. Und der Rest, wir nennen das ein Stanzgitter, wird granuliert. Dieses Korkgranulat wird mit Naturlatex vermischt und in einer Form gebacken."
Klein angefangen, groß rausgekommen
Das Betriebsklima in Vettelschoß ist familiär - Vater Karl Birkenstock, ein konservativer Rheinländer, Typ Patriarch, zieht eher im Hintergrund die Strippen. Drei Söhne, Anfang Dreissig, kümmern sich um das operative Geschäft. Nichts wird dem zufall überlassen, alle Betriebsabläufe in Eigenregie entwickelt.
Ein Erfolgsrezept - mit einem von Insidern geschätzten Umsatz oberhalb der 500-Millionen-Euro-Grenze. Schätzungsweise zwölf Millionen Paar Sandalen sollen das Lager im Jahr 2003 verlassen haben. Vom Familienbetrieb zum Großunternehmen: Mittlerweile sind alle Standorte in deutschland per PC vernetzt, eine eigene Computersoftware dient der Kunden-Aquise. Zwei Mal im Jahr gibt es eine Hausmesse, auch sonst können die circa 500 Händeler in Deutschland den 600 Quadratmeter-Musterraum besuchen. Dort findet man jedes aktuelle und verfügbare Modell.
Bodenständigkeit bewahrt
Trotz internationalem Handel - Fertigung und Logistik sollen auch künftig in deutschen Landen bleiben, sagt Bernd Hillen. "Wir haben die Vorproduktion in Sachsen, in der Oberlausitz und die Endmontage eben hier, vier Kilometer weiter von unserem Firmenstandort. 100 Prozent Made in Germany."