Auf verlorenem Posten
13. Juli 2007Im Weißen Haus nichts Neues. Mit dem vom Kongress geforderten Zwischenbericht wurde George W. Bush zwar gezwungen, der Öffentlichkeit Rechenschaft abzulegen über die Situation im Irak. Aber dennoch bleibt Bush auf seinem Kurs. Wäre die Lage nicht so ernst, könnte man den Zweckoptimismus des Präsidenten geradezu mit Rührung betrachten. Er will abwarten bis Mitte September. Das sind noch zwei Monate. Der Irak-Bericht zählt die Probleme auf, die es derzeit gibt. Sie sind in vielen Bereichen so gravierend, vor allem was die Fähigkeiten der irakischen Sicherheitskräfte angeht, dass sie sich sicher nicht innerhalb von zwei Monaten ändern werden.
Dass sich der Präsident weigert, das Scheitern seiner Strategie im Irak anzuerkennen, ist für Iraker wie Amerikaner eine Katastrophe. Aber ebenso fatal ist seine Fehleinschätzung im Kampf gegen El Kaida. Ein hochrangiger CIA-Mitarbeiter sagte in dieser Woche vor einem Kongressausschuss, man würde im Umfeld der Terrorgruppe mehr Training, mehr finanzielle Mittel und mehr Kommunikation feststellen. Die Terroristen um Osama Bin Laden operieren im Irak und sie haben in Pakistan eine sichere Zuflucht gefunden. Ausgerechnet in dem Land übrigens, das Präsident Bush zu seinen engen Verbündeten im Kampf gegen den Terror zählt. Es ist eingetreten, wovor viele gewarnt haben: Der Krieg im Irak hat so viel Energie, Ressourcen und Aufmerksamkeit gekostet, dass das eigentliche Ziel aus den Augen geriet.
Noch etwas anderes lässt sich in diesen Tagen beobachten: Nach wie vor treiben die Mitglieder der US-Regierung mit der Bevölkerung ein zynisches Spiel. Je nachdem, wie es in die Argumentation passt, wird die Gefahrenlage als mehr oder weniger ernst beschrieben. Die Washington Post zitierte einen Geheimdienstbericht, in dem es heißt, dass El Kaida wieder genauso stark wie vor dem 11. September 2001 sei.
Bush bemühte sich zwar um eine feine Differenzierung - nicht so stark wie seit dem 11. September, verbesserte er. Um gleich danach hinzuzufügen, dass El Kaida aber in der Tat gefährlich und eine Bedrohung sei und man deswegen im Irak und Afghanistan weiter kämpfen müsse. Bushs Minister für Heimatschutz sagte erst, er habe so ein Gefühl im Bauch, dass El Kaida in diesem Sommer einen Anschlag ausführen werde. Dann ruderte er wieder zurück. Außenministerin Condoleezza Rice sprang ihm bei und beeilte sich festzustellen, dass es keinen Hinweis auf einen bevorstehenden Angriff gebe.
Doch fast sechs Jahre nach dem 11. September 2001 heißt das erschreckende Fazit: Nach all dem Tod und Leid in Afghanistan und Irak ist die weltweite Bedrohung durch Terrorangriffe nicht geringer geworden. Es ist in der Tat allerhöchste Zeit, die Strategie zu wechseln. Das sollten endlich auch die Republikaner erkennen, die trotz aller Kritik an Bush in den entscheidenden Abstimmungen zu ihrem Präsidenten halten. Dabei wäre eine sinnvolle überparteiliche Einigung eine bessere Lösung als ein auf Biegen und Brechen erzwungener Rückzug, auf den der derzeitige Abstimmungsmarathon hinausläuft.