Ausschreitungen bei Protesten in Frankreich
28. November 2020Auch in Lille, Rennes, Straßburg und anderen Städten Frankreichs sind Demonstranten gegen Polizeigewalt und für die Pressefreiheit auf die Straße gegangen. Die Proteste richteten sich auch gegen ein geplantes Sicherheitsgesetz, das ein Veröffentlichungsverbot von Filmmaterial von bestimmten Polizeieinsätzen beinhaltet.
Nach Angaben der Organisatoren, einem Bündnis von Journalistengewerkschaften und Menschenrechtsorganisationen, beteiligten sich rund eine halbe Million Menschen an den Protesten. Das französische Innenministerium sprach hingegen von landesweit 133.000 Demonstranten und rund 46.000 Teilnehmern in Paris, die sich im Stadtzentrum an einem Protestzug von der Place de la Republique zur Place de la Bastille beteiligten.
In Paris und in Rennes in der Bretagne kam es am Rande der Proteste zu Ausschreitungen. In der französischen Hauptstadt setzte die Polizei Tränengas gegen Demonstranten ein, die Barrikaden errichteten und Steine auf Polizisten warfen. An der Place de la Bastille steckten Demonstranten einen Zeitungskiosk, den Eingang eines Gebäudes der französischen Zentralbank und eine benachbarte Brasserie in Brand. In der Umgebung brannten auch Autos. Mehrere Demonstranten wurden festgenommen. Der große Teil der Demonstrationen in Paris und anderen Städten verlief friedlich.
Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin verurteilte die Ausschreitungen am Rande der Proteste. Die Angriffe auf Polizisten bei den Kundgebungen seien "inakzeptabel", schrieb Darmanin bei Twitter. 37 Beamte seien verletzt worden, 23 von ihnen allein in Paris.
Das Organisationsbündnis distanzierte sich von gewaltbereiten Teilnehmern der Proteste und verurteilte die Angriffe auf Polizisten. Es sei nicht hinnehmbar, dass "eine Handvoll Personen" die friedlichen Kundgebungen hunderttausender Demonstranten störe.
Einschränkung der Pressefreiheit befürchtet
Angefacht wurden die Proteste von zwei neuen Fällen von Polizeigewalt, die in dieser Woche durch Videoaufnahmen bekannt geworden waren und landesweit für Entsetzen gesorgt hatten. Bei dem ersten Vorfall ging es um die aggressive Räumung von Zelten von Migranten, im zweiten Fall um einen brutalen Übergriff auf einen schwarzen Musikproduzenten.
Das umstrittene neue Sicherheitsgesetz könnte künftig die Veröffentlichung solcher Videos verhindern. Laut Regierung soll so die Polizei besser geschützt werden. Ein Artikel des Gesetzes sieht vor, die Veröffentlichung von Bildern von Sicherheitsbeamten im Einsatz unter Strafe zu stellen, wenn diese mit dem Ziel erfolgt, die körperliche oder seelische Unversehrtheit der Polizistinnen oder Polizisten zu verletzen. Eine Gefängnisstrafe von einem Jahr oder eine Strafe von 45.000 Euro könnten demnach die Konsequenz sein. Journalistenverbände, Nichtregierungs-Organisationen und die Opposition fürchten eine Einschränkung der Pressefreiheit. Der Senat hat dem Gesetz noch nicht zugstimmt.
qu/cw (afp, dpa, rtr)