Australien unbeeindruckt von der Klimakrise
10. August 2021Der alarmierende IPCC-Bericht zum Kenntnisstand beim menschengemachten Klimawandel hat für die australische Regierung offenbar keine Signalwirkung. Sein Land unternehme genug gegen den Klimawandel, sagte der konservative Premierminister Scott Morrison. "Australien leistet seinen Beitrag." Er werde "keinen Blankoscheck im Namen der Australier unterschreiben für Ziele ohne Plan". Blankoschecks resultierten immer in höheren Steuern, so Morrison. Australiens Antwort auf die Klimakrise sei "Technologie, nicht Steuern" - etwa das sogenannte "Carbon Capture", bei dem der Erdathmosphäre unter hohem Energieverbrauch CO2 entzogen werden soll. Die Wirksamkeit dieser Technologie im großen Maßstab wurde bislang jedoch nicht unter Beweis gestellt.
Vor Morrisons Residenz in der Hauptstadt Canberra versammelten sich Demonstrierende. Einige versuchten, "Klima-Fürsorgepflicht" an die Wände zweier Gebäude zu sprühen, bis sie von der Polizei daran gehindert wurden. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters wurden acht Personen festgenommen.
Australien hat angekündigt, "so bald wie möglich" Treibhausgas-Neutralität anzustreben, vorzugsweise bis 2050. Weitere Verpflichtungen - etwa ein verbindliches Datum oder ein CO2-Budget - ist das OECD-Land mit dem zweitgrößten CO2-Ausstoß pro Kopf nicht eingegangen.
Klimaleugner, Kohle und ein "gasbefeuerter" Wiederaufbau
Australien ist der weltgrößte Exporteur von klimaschädlicher Kohle und gehört auch zu den wichtigsten Erdgas-Produzenten. In den Reihen der konservativen Regierungskoalition finden sich einige Politiker mit engen Verbindungen zur im Land mächtigen Kohleindustrie; einige leugnen die Existenz des menschengemachten Klimawandels oder spielen dessen existenzielle Gefahren herunter.
Auch Morrison persönlich trat regelmäßig als Unterstützer der Bergbauindustrie auf; zu einer Rede im Parlament brachte er sogar einmal einen Brocken Steinkohle mit. Anders als viele andere Regierungen wirbt Morrisons Kabinett für eine "gasbefeuerte" wirtschaftliche Erholung von der Corona-Pandemie.
Dabei ist Australien selbst von den Auswirkungen der Klimakrise immer wieder stark betroffen: In den vergangenen Jahren erlebte es die wohl größten Buschfeuer der Geschichte, mehrere heftige Dürren, Überschwemmungen und Küstenerosion. Das ökologisch weltweit einzigartige Great Barrier Reef vor der australischen Küste kämpft angesichts höherer Meerestemperaturen mit Korallenbleiche und Artensterben.
Weltklimarat schlägt Alarm
Der zum Wochenbeginn veröffentlichte Sachstandsbericht des Weltklimarates IPCC ist eine zentrale Faktengrundlage für die im November anstehende Weltklimakonferenz in Glasgow. Dort wollen die Vertragsstaaten des Pariser Klimaabkommens von 2015 ihr weiteres Vorgehen im Kampf gegen die Klimakrise abstimmen. Für den Bericht haben Forschende aus verschiedenen Ländern und Fachrichtungen Tausende Studien ausgewertet; die Erkenntnisse gelten für die Vertragsstaaten als verbindliche Daten, an denen sie ihre Klimapolitik ausrichten müssen.
Dem Bericht zufolge könnte die Erde bereits in den 2030er-Jahren die Schwelle von 1,5 Grad Erwärmung im Vergleich mit dem vorindustriellen Zeitalter erreichen. Im Paris-Abkommen verpflichten sich die Staaten dazu, die Erderhitzung bis 2100 auf "deutlich unter zwei Grad" zu begrenzen. Die maximalen Emissionsbudgets, die sich aus dieser Zielsetzung errechnen lassen, sind jedoch völkerrechtlich nicht verbindlich verankert.
ehl/sti (afp, dpa, rtr)