Literatur Self-Publishing
19. Mai 2013Ina Körner wollte eigentlich den klassischen Weg gehen. Sie hatte eine Idee für eine Geschichte, setzte sich hin und schrieb sie nieder - und schickte anschließend das Manuskript an verschiedene Verlage. Das war Anfang 2009. Das Resultat war ernüchternd: Lange bekam sie überhaupt keine Antwort, später kamen die Absagen.
Mitte 2011 erfuhr sie von der Möglichkeit, bei dem Online-Buchhändler Amazon selbst Bücher zu veröffentlichen. Sie informierte sich, entwarf zusammen mit ihrem Schwager ein Cover und lud den Text ihrer Fantasy-Liebesgeschichte "MondLichtSaga" hoch. Es war ein Schritt, der sich lohnte. "Nach 14 Tagen hatte ich 45 Stück verkauft, da war ich dann schon ganz stolz", erzählt die Autorin bei einem Treffen mit der DW. Der eigentlich Schwung kam dann mit dem Weihnachtsgeschäft: Da waren es insgesamt 1500 verkaufte Exemplare.
Erfolg dank Internet und E-Book
Musste man früher viel Geld in die Hand nehmen für den Druck, so genügen mittlerweile ein paar Klicks im Internet, und schon ist das eigene E-Book erstellt. Auf Wunsch gibt es auch die Printversion dazu - ganz einfach "on demand". Wenn jeder veröffentlichen kann, heißt das natürlich bei Weitem nicht, dass der Markt mit hochwertiger Literatur überschwemmt wird. Doch die Qualität der selbstverlegten Bücher in Deutschland nimmt stetig zu und auch die Verkaufszahlen steigen. Das beobachtet auch Wolfgang Tischer von der Webseite literaturcafe.de, der das Geschehen in der Branche seit Jahren verfolgt. "Es gibt immer mehr Autoren, die genau wissen, wie man schreiben muss und für wen, und wie man sich vernetzt", so Tischer.
Neue Möglichkeiten für Autoren - und Verlage
Ina Körner ist eine dieser Erfolgsgeschichten. Unter dem Pseudonym Marah Woolf hat sie bereits einen zweiten und dritten Teil ihrer "MondLichtSaga" geschrieben. Die Bücher verkaufen sich gut - so gut, dass sie sich neben ihrer Familie inzwischen ganz dem Schreiben widmet. Und inzwischen seien auch diverse Verlagshäuser auf sie zugekommen, erzählt die Autorin. "Zuerst kamen ausländische Verlage, die nach den französischen, englischen oder koreanischen Rechten gefragt haben." Auf der Leipziger Buchmesse im März wurde sie zudem mit dem "autoren@leipzig Award" für Self-Publisher ausgezeichnet, und nun bekommt sie auch Anfragen von deutschen Verlagen, die an zukünftigen Projekten interessiert sind.
Ina Körner ist sich allerdings gar nicht sicher, wie groß ihr Interesse an einem Vertrag mit einem Verlag noch ist. "Die Bedingungen müssen stimmen", sagt sie. "Ich möchte eigentlich ungern meinen Self-Publisher-Status aufgeben, denn ich kann auf diese Weise alles selbst bestimmen. Andererseits kommen meine Bücher so nicht in die Buchläden." Das wäre natürlich wünschenswert, sagt sie, aber wiederum auch nicht so dringend, dass sie sich auf alles einlassen würde. Die E-Book-Rechte würde sie - auch bei zukünftigen Projekten - gerne für sich behalten.
"Die Erwartungen der Autoren an den Verlag sind höher", bestätigt auch Ina Fuchshuber von der Verlagsgruppe Droemer und Knaur. Sie leitet "neobooks", eine Selbstverleger-Plattform, die der Verlag vor drei Jahren eingerichtet hat. Wie bei den vielen anderen Plattformen auch kann hier im Grunde jeder seinen Text als E-Book hochladen. Der Verlag als Anbieter der Plattform bekommt Anteile am Verkaufserlös. Viel entscheidender aber ist, dass der Verlag die eigene Plattform nutzt, um Talente ausfindig zu machen. "Wir haben mittlerweile über 50 Autoren, die wir von neobooks in den Verlag geholt haben", sagt Ina Fuchshuber.
Auch hier haben die Leser ein Wörtchen mitzureden: In Anbetracht der Masse der hochgeladenen Texte - im Moment sind es rund 17.000 - schauen die Lektoren in der Regel nur diejenigen näher an, die von den Lesern als gut bewertet wurden. Das reduziert das Risiko für den Verlag - schließlich weiß man schon, dass das Buch gut ankommt.
Verlage immer noch attraktiv
Trotz der Möglichkeiten, die das Self-Publishing bietet, ist für viele Autoren der Verlag allerdings noch immer die erste Wahl. Einer der Gründe ist, dass im Bereich des Self-Publishing vor allem bestimmte Genres gut laufen. Insbesondere sind das Fantasy-Geschichten und Kriminalromane, also Unterhaltungsliteratur, die viel und schnell konsumiert wird. Für die Studierenden am Deutschen Literaturinstitut Leipzig sei die Aufnahme in das Programm eines Verlages daher noch immer der große Traum, sagt Geschäftsführer Claudius Nießen. "Das sind eben die klassischen, belletristischen Jung-Autoren, die wollen natürlich alle in einen Verlag."
Autoren müssen sich selbst um Leser kümmern
Egal ob mit Verlag oder ohne - eine große Rolle bei der Vermarktung spielen heutzutage die sozialen Netzwerke im Internet. Ob Twitter, Facebook, Blog oder Homepage: Autoren müssen selbst aktiv werden, um in der Masse der Veröffentlichungen nicht unterzugehen. "Die meisten Verlage haben gar nicht die Kapazität, um sich allen ihren Autoren in gleichem Maße zu widmen", sagt Bruno Back von der Akademie für Autoren in Berlin. Daher müsse man selbst zusehen, dass man auf den entsprechenden Plattformen präsent ist. Nicht in Form von Werbung, die meisten Leser wollten vielmehr den Gedankenaustausch mit dem Autor, so Back.
Ina Körner hat damit gute Erfahrungen gemacht. Auf ihrem Blog kommuniziert sie regelmäßig mit ihren Lesern und lässt sich dort auch schon mal beraten, zum Beispiel wenn sie auf der Suche nach Namen für ihre Protagonisten ist. Ganz treue Leser hat sie auch schon mal ein Buch Probe lesen lassen. Diesen Kontakt möchte sie nicht missen - auch nicht, wenn sie sich doch noch für einen Verlag entscheiden sollte.