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Außenministerium in Moskau: Wallraff, Neudeck und Blüm wollten in den deutschen Medien neue antirussische Kampagne starten

9. Januar 2003
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Moskau, 8.1.2003, INTERFAX

INTERFAX, russ., 8.1.2003

Russlands Außenministerium hat offiziell bestätigt, dass die russischen Behörden dem deutschen Journalisten Günter Wallraff die Einreise verweigert haben. Der Chef der Presseabteilung des russischen Außenministeriums Georgij Wlaskin sagte am Mittwoch (8.1.) in einem Interview für die Nachrichtenagentur Interfax, im Dezember 2002 sei G. Wallraff auf dessen Bitte hin ein Touristenvisum für Moskau und Sankt Petersburg ausgestellt worden. Vor Antritt der Reise habe G. Wallraff jedoch in einem Interview mit der deutschen Illustrierten "Stern" erklärt, das eigentliche Ziel seiner Reise sei es, in Tschetschenien journalistische Recherchen durchzuführen.

"Als uns das bekannt geworden war, teilten wird der BRD-Botschaft in Moskau mit, die beabsichtigte Abweichung eines ausländischen Bürgers von dem Reiseziel, das bei der Beantragung des Visums genannt wird, sei ein ernsthafter Verstoß gegen geltende russische Gesetze und könne zur Annullierung des ausgestellten Visums führen", sagte G. Wlaskin. "Leider hat der deutsche Journalist beschlossen, diese Warnung zu ignorieren." Daher seien die russischen Behörden gezwungen gewesen, G. Wallraff nach der Ankunft auf dem Flughafen Scheremetjewo das Einreisevisum zu annullieren und ihm nahe zu legen, nach Deutschland zurückzukehren.

Norbert Blüm und Rupert Neudeck, die zusammen mit G. Wallraff in Russland einreisen wollten, "haben selbst die Entscheidung getroffen, nach Deutschland zurückzukehren", erklärte G. Wlaskin. (TS)

INTERFAX, russ., 8.1.2003

Im Pressedienst des russischen Außenministerium ist am Mittwoch (8.1.) der Nachrichtenagentur Interfax mitgeteilt worden, dem deutschen Journalisten Günter Wallraff sei die Einreise nach Russland verweigert worden, weil er gegen russische Gesetze verstoßen habe. G. Wallraf habe mit einem Touristenvisum nach Russland einreisen wollen, und das gebe ihm nicht das Recht, sich mit journalistischer Tätigkeit zu befassen. Außerdem habe die Illustrierte "Stern" am 2. Januar 2003 ein Interview mit dem Journalisten G. Wallraff gebracht, in dem er von seiner Absicht gesprochen habe, am 7. Januar gemeinsam mit dem ehemaligen BRD-Arbeitsminister Norbert Blüm und dem Leiter der Nichtregierungsorganisation "Cap Anamur", Rupert Neudeck, nach Tschetschenien zu reisen. Aus dem Interview gehe hervor, man habe "Beweise für Menschenrechtsverletzungen in dieser Region der Russischen Föderation sammeln wollen, um in den deutschen Medien eine weitere antirussische Kampagne zu starten." Das russische Außenministerium habe sich mit der BRD-Botschaft in Moskau in Verbindung gesetzt und habe angesichts der bevorstehenden Reise die deutsche Seite auf einige grundsätzliche Aspekte hingewiesen (...). "Vor allem wurde ernsthafte Besorgnis im Hinblick auf die Sicherheit von Personen geäußert, die versuchen, auf illegalem Wege auf das Gebiet der Tschetschenischen Republik zu gelangen." "Die Diplomaten wurden auf das traurige Schicksal einer Reihe ausländischer Bürger hingewiesen, darunter eines englischen Journalisten, die illegal nach Tschetschenien gereist waren und die von Banden getötet wurden. Den Diplomaten sei auch die Verantwortung vor Augen geführt worden, die die Veranstalter dieser Art von Reisen auf sich laden. (...)

Der Vorsitzende der gesellschaftlichen Organisation "Memorial" Oleg Orlow hält die Verweigerung der Einreise für die deutschen Menschenrechtler nach Russland für einen Fehler. "Was geschehen ist, ist ein ungeheurer Skandal", sagte er gegenüber Interfax. Es handele sich um sehr bekannte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens in Deutschland. R. Neudeck sei der Gründer der Organisation "Cap Anamur", die in vielen Ländern der Welt, darunter in Kosovo und in Nordkorea, humanitär tätig sei. N. Blüm sei einst Arbeitsminister gewesen und G. Wallraff sei ein Journalist, dessen Recherchen in aller Munde gewesen seien.

"Soweit mir bekannt ist, war 'Cap Anamur' im zweiten Tschetschenien-Feldzug nicht in Tschetschenien tätig. Alles, was die Organisation im Nordkaukasus getan hat, war die Unterhaltung eines Waisenhauses in Inguschetien", sagte O. Orlow. Nach Angaben deutscher Menschenrechtler seien Vertreter der tschetschenischen Administration vor kurzem an sie mit dem Vorschlag herangetreten, in Tschetschenien tätig zu werden. "Und das war der Grund, warum sie nach Tschetschenien reisen wollten", so O. Orlow. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass Wallraff tschetschenische Extremisten finanziell unterstützen wollte. Das ist einfach lächerlich", sagte er abschließend.

Beim Föderalen Grenzdienst der Russischen Föderation wurde mitgeteilt, die russischen Grenzbeamten hätten nach dem Gesetz gehandelt, als sie G. Wallraff die Einreise nach Russland verweigerten. Interfax-AWN wurde im Pressezentrum des Föderalen Grenzdienstes am Mittwoch (8.1.) mitgeteilt, der Bürger Deutschlands, G. Wallraff, sei am Dienstag, dem 7. Januar, nach seiner Ankunft auf dem Moskauer Flughafen Scheremetjewo-2 gemäß Artikel 27, Absatz 1 des föderalen Gesetzes "Über die Ausreise aus der Russischen Föderation und die Einreise in die Russische Föderation" (die Einreise in die Russische Föderation wird ausländischen Bürgern und Staatenlosen verweigert, wenn (...) dies die Sicherheit des Staates erforderlich macht) nicht auf das Territorium Russlands hineingelassen worden.

Im Pressezentrum des Föderalen Grenzdienstes wurde mitgeteilt, "die Bürger, die G. Wallraff begleiteten, beschlossen aus Solidarität ihm gegenüber, ebenfalls nach Deutschland zurückzukehren." "Die russischen Grenzbeamten hielten sich im genannten Fall strikt an das Gesetz der Russischen Föderation und verstießen nicht gegen das internationale Recht", hieß es im Pressezentrum des Föderalen Grenzdienstes. (TS)