Störfeuer vom Ayatollah
17. Februar 2014Unmittelbar vor dem Beginn einer neuen Runde der Atomgespräche in Wien lässt der geistliche Führer des Iran verlauten, dass er diese Verhandlungen bereits als gescheitert ansieht. Die Gespräche würden "nirgendwo hin führen" sagte Ajatollah Ali Chamenei, er sei "nicht optimistisch". Er schob jedoch nach: "Aber ich lehne sie auch nicht ab", zitiert ihn die staatliche Nachrichtengentur IRNA nach einem Auftritt in der Stadt Tabriz im Nordwesten des Landes.
Die deutsche Bundesregierung rief den Iran zu einer konstruktiven Haltung bei den Gesprächen auf, die ab Dienstag am Sitz der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA in Österreich stattfinden sollen. Bei den Verhandlungen mit der sogenannten 5+1-Gruppe (UN-Vetomächte und Deutschland) soll es erstmals um ein endgültiges Abkommen gehen, das die Zweifel des Westens an der friedlichen Zielsetzung des Teheraner Atomprogramms beseitigt.
Sanktionsdruck gelockert
Es würde auf dem im November in Genf erreichten sechsmonatigen Interimsabkommen aufbauen. Dieses sieht im Gegenzug für die Aussetzung gewisser Sanktionen vor, dass der Iran die Urananreicherung einfriert und eine verschärfte Überwachung zulässt. Erst jüngst hatten sich der Iran und die IAEA auf einen Katalog kurzfristiger Kontrollmaßnahmen verständigt.
"Was unser Außenministerium und unsere Regierungsvertreter begonnen haben, wird fortgesetzt und der Iran wird seine Zusagen nicht verletzen", versicherte Chamenei. Trotz allem seien die Gespräche aber zwecklos. Den USA warf er erneut vor, die Atomfrage nur als "Vorwand" zu nutzen, um ihre Feindseligkeiten fortzusetzen. So hätten die US-Unterhändler nach Fortschritten im Nuklearkonflikt "Fragen der Menschenrechte und der Raketen" aufgebracht.
Das geistliche Oberhaupt hat in der iranischen Politik das letzte Wort. Chamenei hatte gleichwohl die Initiative des neuen Präsidenten Hassan Ruhani gebilligt, zu einer Verständigung mit internationalen Verhandlungspartnern zu kommen, um den Druck durch Handelsblockaden und andere Sanktionen zu lockern. Ein Teil des erzkonservativen Flügels lehnt die Diplomatie des eher moderaten Ruhani ab.
Der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif hatte neulich bei einem Vortrag in Berlin versichert, Chamenei sei in die Verhandlungen voll eingebunden. Vor seiner Abreise nach Wien erklärte er, jetzt gehe es bei den Verhandlungen mit den USA allein um nukleare Angelegenheiten. Man fürchte sich aber nicht, dann auch andere Fragen anzupacken.
Partnerschaft mit dem Kreml
In Moskau bemühte sich derweil der iranische Botschafter um eine Verstärkung der wirtschaftlichen Beziehungen seines Landes zu Russland. Russland könnte den Auftrag für den Bau eines neuen Atomkraftwerks bekommen und Lkws sowie Eisenbahnschienen in den Iran liefern, sagte Botschafter Mehdi Sanaei der Zeitung "Kommersant". Im Gegenzug würde der Iran Öl nach Russland exportieren. Dagegen hatten die USA bereits früher gewarnt, Tauschgeschäfte gegen Öllieferungen würden die Erfolgsaussichten für die Atomverhandlungen gefährden.
Weizen aus Deutschland
Auch die deutsche Landwirtschaft gehört zu den Nutznießern der Lockerung der Sanktionen. Noch in diesem Monat sollen offenbar 195.000 Tonnen Weizen mit drei Frachtschiffen in den Iran ausgeführt werden. Nach Angaben europäischer Händler sind im Januar bereits 250.000 Tonnen exportiert worden. Im vergangenen Jahr hatte man insgesamt 119.000 Tonnen deutschen Weizen geliefert. "Ich glaube, Deutschland wird weiterhin einer der größten Weizen-Lieferanten sein, so wie im vergangenen Jahr", zitiert die Agentur Reuters einen Händler.
SC/qu (rtr, afp, dpae)