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Politik

Hunger politisch bekämpfen

11. Oktober 2018

Klimawandel und Kriege sind laut Welthungerhilfe Schuld daran, dass es wieder mehr Hunger auf der Welt gibt. Dabei sei bekannt, wie man Hunger bekämpfen könne, sagt Bärbel Dieckmann, Präsidentin der Organisation.

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Deutschland Welthungerhilfe Bärbel Dieckmann
Bild: picture-alliance/dpa/S. Pilick

DW: Frau Dieckmann, Sie sprechen in Ihrem Bericht davon, dass immer mehr Menschen unter Hunger leiden, gleichzeitig aber auch von Fortschritten bei der Bekämpfung von Hunger. Wie passt das zusammen?

Bärbel Dieckmann: Seit 2000 sind die Zahlen gesunken. Es waren immer weniger Menschen, die in Hunger lebten, um 28 Prozent. Bis vor anderthalb Jahren. Und jetzt gibt es wieder steigende Zahlen. Und das liegt vor allem an Kriegsgebieten: da, wo kriegerische Konflikte sind, und einige Gebiete, die ganz massiv unter den Folgen des Klimawandels leiden.

Also es gibt schon Erfolge - die reichen offensichtlich nicht aus?

Nein. Wobei, die wirklich gute Nachricht ist, dass es Erfolge gibt. Wir wissen eigentlich, wie man Hunger bekämpfen kann. Wir kennen die Anbaumethoden. In vielen Ländern gibt es inzwischen auch eine ganz gute Regierungspolitik, die das auch will. Da wo sie - wie im Südsudan, wie in Somalia, wie im Jemen - durch Kriege die Landwirtschaft behindert wird, Menschen nicht bleiben können in ihren Dörfern, da steigen die Zahlen wieder. Und seit einigen Jahren werden auch Klimawandel-Folgen stärker. Die Dürre in Ostafrika, zum Beispiel, war auch eine Ursache des Klimawandels. Das sind Gebiete, in denen es früher vielleicht alle zehn Jahre Dürren gab - und jetzt alle zwei. Dann kann man die Herde nicht wieder aufbauen. In diesem Sommer haben ja auch die deutschen Landwirte erlebt, was es bedeutet, wenn es Monate nicht regnet.

Syrien Unterernährung
Auch eine Folge des grausamen Krieges: Unterernährung bei Kleinkindern in SyrienBild: Getty Images/AFP/A. Almohibany

Sie sprechen jetzt von Afrika. Was kann man gegen den Hunger dort tun?

Es ist ja nicht nur Afrika, es sind auch in Asien immer noch Länder, die betroffen sind, und im Bezug auf Afrika muss man sagen: Das sind sehr, sehr unterschiedliche Länder. Es gibt auch Länder mit großen Erfolgen: Angola, Ruanda, Äthiopien. Aber es gibt eben auch die, in denen die Erfolge nicht da sind. Und die Gründe sind sehr oft Korruption und schlechte Regierungsführung. Es sind eben die kriegerischen Auseinandersetzungen.

Können Sie da noch mal ein einige Beispiele nennen?

Der Südsudan  ist ein Land, das sehr lange um die Unabhängigkeit gekämpft hat. Sie wollten sich vom Norden trennen, das ist auch gelungen. Vor sieben Jahre sind viele Staatschefs der Welt bei der Gründung des Südsudan dagewesen. Nach kurzer Zeit des Friedens sind ethnische Konflikte entstanden. Der Präsident und sein Vizepräsident kämpfen um die Macht. Es gibt in fast allen Regionen kriegerische Auseinandersetzungen. Und die Menschen sind dann eben nicht mehr in der Lage, ihre Landwirtschaft zu betreiben.

Sie sagen, dass die Bemühungen, den Hunger zu bekämpfen, nicht ausreichend sind. Was fordern Sie?

Für uns ist die wichtigste Aussage, dass das nur mit politischen Lösungen geht. Da ist die Afrikanische Union gefordert, da ist die UN gefordert, da ist auch die EU gefordert. Wir als Nichregierungs-Organisationen sind nicht in der Lage, die politische Lösung in diesen Ländern zu beeinflussen. Ein klassisches Beispiel ist auch Syrien. In Syrien ist die Zahl der Hungernden gestiegen - es werden 14 Millionen Menschen versorgt. Überhaupt, das Thema Flucht: 68 Millionen Menschen weltweit haben ihre Heimat verlassen. In der Regel gehen sie in Nachbarstaaten, und darauf haben wir kaum Einfluss. Der Jemen ist ein ganz extremes Beispiel. dem Jemen droht eine richtig große Hungersnot.

 

Barbara "Bärbel" Dieckmann war von 1994 bis 2009 Oberbürgermeisterin von Bonn und von 2001 bis 2009 Mitglied des Bundesvorstandes sowie des Parteipräsidiums der SPD. Im November 2008 wurde Bärbel Dieckmann zur Präsidentin der Welthungerhilfe gewählt. Dieses ehrenamtliche Amt bekleidet sie bis heute.