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Bali: Warum ein Ausbruch des Agung so gefährlich ist

27. November 2017

Der Mount Agung hat bereits früher auf tödliche Weise gezeigt, welche Macht in ihm steckt. Den Gefahren kann man nur auf eine Weise entkommen: Frühzeitig die Gegend verlassen, sagt Geophysikerin Jacqueline Salzer.

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Indonesien Gunung Agung drohender Vulkanausbruch auf Bali
Bild: Reuters/D. Whiteside

DW: Der Mount Agung auf Bali ist ausgebrochen. Was ist das für ein Vulkan?

Jacqueline Salzer: Das ist ein sogenannter Schicht- oder Stratovulkan. Solche Vulkane gibt es häufig an den Subduktionszonen. Bei Bali schiebt sich die Indo-Australische Platte unter die Sunda-Platte. Dieser Bereich ist auch ein Teil des pazifischen Feuerrings. An diesen Zonen bildet sich oft zähflüssige Lava.

Das führt dazu, dass sich an den Eruptionszonen die Lava, Asche- und alle möglichen Eruptionsprodukte steil aufschichten. Sie bilden so diese typischen kegelförmigen Vulkane, die auch besonders hohe Berge sind. Der Agung ist mit über 3140 Metern der höchste Berg auf Bali.

Deutschland Jacqueline Salzer Geophysikerin
Die Geophysikerin Jacqueline Salzer - hier am Awatschinskaja Sopka auf Kamtschatka - beobachtet die Veränderungen aktiver Vulkane. Bild: Jacqueline Salzer

Wie gefährlich sind solche Vulkane?

Wenn das Magma zähflüssig ist, kann der Vulkan besonders explosiv sein. Das liegt daran, dass im Magma Gase unter Druck gefangen sind. Dieser Druck nimmt zu, wenn das Magma zur Oberfläche aufsteigt. Kommt es zum Ausbruch, dehnen sich die Gase rasant aus, entweichen und zerfetzen dabei das Magma regelrecht. Dabei bildet sich Asche. Der Ausbruch kann über Tage weitergehen, weil kontinuierlich frisches Magma und frische Gase an die Oberfläche gelangen und Energie freisetzen.

Welche Gefahren bestehen für die Bewohner der Insel?

Beim letzten Ausbruch haben sogenannte pyroklastische Ströme die meisten Menschen ihr Leben gekostet. Das sind heiße Wolken aus Gasen, Asche und Gesteinsbrocken, die extrem schnell die Flanken des Berges herunterrasen. Sie sind die größte Gefahr.

Diese pyroklastischen Ströme erreichen Geschwindigkeiten von hunderten von Kilometern pro Stunde. Deshalb gibt es auch kein wirkliches Entkommen. Man muss sich deshalb vorher weit genug von dem Vulkan entfernen.

Eine weitere große Gefahr sind die sogenannten Lahars. Das ist ein indonesisches Wort und beschreibt einen Schlammstrom, der sich bildet, wenn sich das ganze lockere Material aus dem Vulkanausbruch mit Regenwasser vermischt. Indonesien ist ja ein regenreiches Land. Dann fließt diese Schlammlawine in den Flusstälern entlang, transportiert riesige Gesteinsbrocken mit und reißt Brücken und Häuser ein.

Darüber hinaus bilden sich über 20 Kilometer hohe Aschewolken und heiße Lavaströme.

Infografik Vulkan Agung Bali DEU

Wie weit muss man sich für einen Vulkan dieser Größe entfernen? Sollte man die Insel vielleicht besser ganz verlassen?

Es gibt für viele gefährliche Vulkane Simulationen, wie weit die Auswirkungen eines Ausbruches reichen können. Die Zivilschutzbehörden nutzen solche Berechnungen, aber zu 100 Prozent verlässlich sind die Abschätzungen leider nicht. Beim Mount Agung haben sie jetzt eine Zone von zwölf Kilometern evakuiert. Mehr als 80.000 Menschen mussten ihre Häuser verlassen.

Lavaströme sind innerhalb von einigen Kilometern um den Vulkan zu befürchten. Pyroklastische Ströme aber können viel weiter reichen, manchmal Dutzende Kilometer. Beim letzten Ausbruch des Mount Agung hat der Lavastrom etwa sieben Kilometer Länge erreicht, die pyroklastischen Ströme bis zu zehn Kilometer.

Bei einer Vulkaneruption fliegen ja auch immer größere Gesteinsbrocken durch die Gegend. Wie groß werden solche "Bomben"?

Das hängt von dem Ausbruch ab. Beim letzten Ausbruch des Agung waren es bis zu kopfgroße Bomben. Die jetzigen Warnungen gehen auch von Brocken im Zehn-Zentimeter-Bereich aus. Es gibt aber auch Fälle, wo solche Bomben mehrere Kubikmeter groß waren und dutzende Tonnen wogen. Das hängt aber - wie gesagt - von der Intensität des Ausbruchs ab und von der Entfernung vom Krater. 

Die letzte große Eruption des Vulkans war 1963 bis 1964. Das war vor einem halben Jahrhundert. Gibt es einen bestimmten Rhythmus, der sich bei Vulkanausbrüchen wiederholt?

Eine Gesetzmäßigkeit lässt sich nicht wirklich ableiten. Beim Agung gab es 1843 einen großen Ausbruch, aber wir wissen sehr wenig, was davor passiert ist. Es gibt zwar einige Vulkane, die zyklische Ausbrüche haben, aber bei den meisten ist eher das Gegenteil der Fall. Auf keinen Fall sollte man sich bei Prognosen darauf verlassen oder auf der Grundlage versuchen, Vorhersagen zu treffen.

Infografik, Karte, Wo die Erde oft bebt: Pazifischer Feuerring DEU

Der Ausbruch des Agung begann ja bereits mit ersten Anzeichen im September. Fast zeitgleich war - auch entlang des pazifischen Feuerrings - der Vulkan Manaro auf Vanuatu ausgebrochen. Dort hatten die Behörden 7.000 der etwa 10.000 Inselbewohner evakuiert. Haben die beiden Ereignisse irgendetwas miteinander zu tun?

Eher nicht. Vanuatu ist 5.000 Kilometer von Bali entfernt. Vanuatu liegt auch an einer anderen Plattengrenze. Selbst die Zusammensetzung des Gesteins ist anders. Die Lava auf Vanuatu ist dünnflüssiger. Es bilden sich dort regelrechte Lavaseen. Man kann die beiden Vulkane kaum vergleichen. Dass es gleichzeitig stattfindet ist eher Zufall.

Der Vulkan auf Vanuatu ist aber nicht weniger gefährlich. Denn im Krater des Manaro liegt ein Süßwassersee. Durch die Interaktion der heißen Lava mit dem Wasser entstehen noch einmal ganz andere Gefahren: Es kann zu großen Explosionen kommen, und das Wasser aus dem Kratersee kann zusätzlich zu Lahars - also diesen gefährlichen Schlammströmen - führen. Die Eruption entwickelt sich dann anders als auf Bali. Aber auch hier gehen die Gefahren von vulkanischer Asche, Gas und Bomben aus sowie von Lava und pyroklastischen Strömen. 

Dr. Jacqueline Salzer arbeitet am Geoforschungszentrum Potsdam im Bereich Erdbeben- und Vulkanphysik. Die Geophysikerin beschäftigt sich insbesondere mit der Beobachtung aktiver Vulkane mit optischen Kameras und mit Radardaten des Erdbeobachtungssatelliten TerraSAR-X. Dabei geht es vor allem darum, zu erkennen, wie sich die Form eines Vulkans vor, während und nach seiner Eruption verändert.

Das Interview führte Fabian Schmidt

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Fabian Schmidt Wissenschaftsredakteur mit Blick auf Technik und Erfindungen