Banken klagen über Boni-Deckel
1. März 2013Mehr Eigenkapital im Bankgeschäft, das lassen sich die Banken als Auflage gefallen. Aber vom "Deckel" auf die Boni ihrer Mitarbeiter halten sie nichts. Der oberste Lobbyist der privaten Banken, Andreas Schmitz, Präsident des Bundesverbands deutscher Banken, sparte nach der Brüsseler Entscheidung von Parlament, Rat und Kommission nicht mit Kritik: Die Bonus-Schranken "gehen zu Lasten der Wettbewerbsfähigkeit des Finanzstandortes Europa und stellen eine unangemessene Bevormundung der Eigentümer dar", sagte Schmitz.
Dabei sind es vor allem die privaten Geschäftsbanken, die so denken. Für die genossenschaftlichen Volks- und Raiffeisenbanken ist der Gedanke an gedeckelte Boni kein Problem. Ihr Spitzenverband BVR begrüßte die Gesetzgebung aus Brüssel: "Die künftigen Vorgaben können auch für andere Branchen ein wichtiges Signal darstellen“.
Löwenanteil variables Einkommen
Der geplante Boni-Deckel ist in der Tat ein herber Eingriff. Wenn das variable Einkommen das Fixgehalt im Prinzip nicht mehr übersteigen darf, verändert sich die bisherige Praxis dramatisch.
Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Deutschlands größte Aktionärsvereinigung, hatte für das Jahr 2011 (neuere Angaben liegen noch nicht vor) ermittelt, dass die variablen Einkommensbestandteile sehr viel größer als die fixen waren. Für die 30 Unternehmen, deren Aktien im Deutschen Aktienindex gelistet sind, habe das Fixgehalt im Schnitt nur 28 Prozent der Gesamtvergütung ausgemacht, 72 Prozent entfielen auf Boni und andere variable Bestandteile.
Bei den 50 mittelgroßen Unternehmen mit Aktien im M-DAX war das Verhältnis nicht ganz so krass. Das Festgehalt stellte aber auch hier mit 37 Prozent den kleineren und die variable Vergütung mit 63 Prozent den deutlich größeren Anteil. In der Branche ist bekannt, dass die Boni in den angelsächsischen Finanzzentren sowie in der Schweiz eine noch größere Rolle spielen.
Exodus der Banker?
Die Banker scheinen an große Bonuszahlungen gewöhnt. Deshalb befürchten nicht nur ihre Arbeitgeber schon den Verlust der besten Mitarbeiter. Der Londoner Bürgermeister Boris Johnson sprach von einer Entscheidung, von der Singapur, Zürich und New York profitieren würden. Die britische Regierung, sowieso mit reichlich Euroskepsis gesegnet, fordert längst Umgehungsmöglichkeiten: Man solle den Banken ermöglichen, Personal außerhalb Europas anzustellen.
Der Chef der österreichischen Erste-Bank, Andreas Treichl, sieht schwere Zeiten für europäische Institute heranziehen, die im Handelsgeschäft mit amerikanischen und asiatischen Instituten konkurrieren müssten: "Da werden zahlreiche der hoch bezahlten Leute im Investmentbanking europäische Institute verlassen".
Davon solle sich niemand erpressen lassen, meint der Vizepräsident der Aktionärsvereinigung DSW: "Ich bin der Überzeugung, dass genügend talentierte und tatkräftige Arbeitskräfte hier vorhanden bleiben, um diese Positionen auch auszufüllen", sagte Klaus Nieding. Es werde immer Rechtsordnungen geben, die exorbitante Gehälter ermöglichten: "Das muss man nicht unbedingt mitmachen."
Korrekturversuche
Dabei haben die Banken ihre Gehaltsysteme bereits selbst korrigiert. Nach Erkenntnissen des Centre for Economics and Business Research haben Londoner Banken vor Ausbruch der Krise bis zu 11,5 Milliarden Pfund als Boni ausgeschüttet. Im vergangenen Jahr seien es noch 4,4 Milliarden Pfund gewesen.
Die Deutsche Bank reagierte ebenfalls: Sie habe den prozentualen Anteil der Boni an den Erträgen auf die Hälfte des Vorkrisenniveaus gesenkt, sagte Ko-Vorstand Jürgen Fitschen bei der Bilanzvorlage Ende Januar. Die Führungskräfte müssten nun fünf Jahre auf die Boni warten: "Wir haben ihre Vergütung damit stärker an den langfristigen Erfolg der Bank gekoppelt." Außerdem habe die Bank "über mehrere Jahre garantierte Boni" komplett gestrichen. Dass garantierte Boni keine Prämien mehr sind, sondern ein Fixgehalt, und dass gerade das Bonussystem manche Exzesse beförderte, hat Fitschen nicht gesagt.