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"Die Banken müssen ihre Hausaufgaben machen"

Nicole Goebel16. Februar 2016

Der Kölner Banken-Professor Thomas Hartmann-Wendels hält wenig von Forderungen der Banker nach Hilfen der EZB. Die Banken sollten nicht eigene Versäumnisse auf die EZB abwälzen.

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Prof. Dr. Hartmann-Wendels
Bild: Universität Köln

DW: Wie schlimm steht es um die europäischen Banken. Sind sie wirklich nicht mehr in der Lage ihre Situation alleine zu stemmen, wie ein anonymer Banker im "Handelsblatt" klagt?

Thomas Hartmann-Wendels: Die Banken leiden natürlich unter der schlechten Konjunkturlage, der Wirtschaftskrise in Asien und dem Ölpreisverfall. All die realwirtschaftlichen Probleme machen den Banken zu schaffen. Dazu kommen aber auch noch hausgemachte Probleme; so sind Banken etwa in Rechtsstreitigkeiten verwickelt, die mit hohen Geldsummen zu Buche schlagen. Hinzu kommt eine deutlich verschärfte Regulierung, die die Banken vor große Herausforderungen stellt. Alles das kumuliert sich zu den großen Problemen, die die Banken jetzt haben. Und das schlägt sich auch in sinkenden Kursen nieder.

Aber was steht im Vordergrund: die hausgemachten Probleme oder eher die verschärfte Regulierung?

Die Regulierung ist massiv verschärft worden und das auch in immer kürzeren Zeitabschnitten. Da sollte man vielleicht wirklich ein wenig Tempo herausnehmen und erst einmal abwarten, wie die bisherigen Maßnahmen wirken. Da ist auch manches übertrieben worden. In Deutschland zum Beispiel sind die Mindestanforderungen für das Risiko-Management in den letzten Jahren vier, fünf Mal überarbeitet worden. Jedes Mal wurden sie verschärft, was insbesondere für die kleineren Banken ein Problem ist. Dann steigen die Eigenkapitalanforderungen, und das ist eine Herausforderung für die großen Banken.

Aber grundsätzlich ist diese Regulierung angebracht?

Ja, wir brauchen grundsätzlich eine Regulierung der Banken, und die Finanzkrise hat ja gezeigt, dass es Bedarf gibt nachzubessern, wobei man jetzt manchmal über das Ziel hinausschießt. Man dreht vielleicht an zu vielen Stellschrauben und beachtet die Wechselwirkungen nicht ausreichend. Aber das allein erklärt nicht die Probleme der Banken, dazu kommt die ungünstige Gesamtsituation der Konjunktur – aber mit so etwas müssten die Banken eigentlich klarkommen.

Also doch die hausgemachten Probleme? Haben Sie dafür Beispiele?

Man hat zum Beispiel in den Banken in den letzten Jahren zu sehr auf Rendite gesetzt und die Renditeziele zu hoch geschraubt. Die waren eigentlich nur zu erreichen, indem man Geschäfte tätigt, die nicht so ganz legal sind, oder sich auf gewisse Transaktionen verlegt, die riskant sind, aber wenig regulatorisches Eigenkapital erfordern, etwa Geschäfte mit Derivaten oder komplexen Finanzprodukten. Alles das ist in den Jahren bis zur Finanzkrise übertrieben worden, und bis heute haben die Banken darauf noch nicht die richtige Antwort gefunden.

Was halten Sie also von der Kritik der Banker - sollte die EZB handeln und etwa Bankentitel kaufen?

Die EZB könnte schon etwas machen. Sie könnte zum Bespiel den Banken ihre faulen Kredite abnehmen. Aber das wäre keine marktwirtschaftliche Lösung und würde bedeuten, dass die Fehler, die die Banken gemacht haben, letztlich wieder vom Steuerzahler getragen werden. Das kann natürlich nicht die Lösung sein. Die Banken müssen schon ihre Hausaufgaben selbst machen.

Natürlich muss man immer darauf achten, dass das Finanzsystem als solches nicht zusammenbricht. Das ist zwar immer eine gewisse Gefahr, aber das sehe ich im Moment akut nicht. Eine Unterstützung der Banken durch die EZB kann also nur der letzte Ausweg sein. Aber davor gibt es noch eine Reihe von anderen Mechanismen. Wir haben zum Beispiel einen Bankenabwicklungsfonds, der sicherstellen soll, dass man Banken auch geordnet abwickeln kann. Und all diese Systeme sollte man erst einmal einsetzen, bevor man es den Banken zu leicht macht, aus der Krise herauszukommen.

Welche Hausaufgaben müssen die Banken denn leisten?

Da gibt es mehrere: In Italien zum Beispiel geht man jetzt daran, dass die Banken die faulen Kredite in sogenannte Zweckgesellschaften auslagern können, die dann teilweise staatlich garantiert werden. Dafür müssen die Banken aber Geld bezahlen, d.h. das wird mit marktwirtschaftlichen Preisen bewertet. In Deutschland haben wir ein geteiltes Bild: die Commerzbank hat den Weg aus der Krise offenbar geschafft, die Deutsche Bank noch nicht. Da fehlt es an einer erkennbaren Strategie, und das ist Aufgabe des Managements. Das kann man nicht auf die EZB abwälzen.

Die Fragen stellte Nicole Goebel

Thomas Hartmann-Wendels ist Geschäftsführender Direktor des Instituts für Bankwirtschaft und Bankrecht an der Universität zu Köln.