Bayer-04-Trainer Xabi Alonso: Der Bessermacher am Ziel
14. April 2024Die erste Meisterschaft in der Vereinsgeschichte von Bayer 04 Leverkusen sichergestellt, das Ticket für das DFB-Pokalfinale gelöst, vor dem Sprung ins Halbfinale der Europa League, bisher keine einzige Niederlage: Xabi Alonsos erste komplette Saison als Trainer einer ersten Mannschaft hätte kaum besser laufen können. Als der Spanier im Oktober 2022 zu den Leverkusenern stieß, stand der Bundesligist in der Abstiegszone. Als Trainer konnte Alonso damals lediglich auf die Erfahrung von insgesamt vier Jahren als Junioren-Coach bei Real Madrid und dann als Trainer der zweiten Mannschaft von Real Sociedad verweisen. Anderthalb Jahre später gilt der 42-Jährige als einer der besten Trainer der Welt.
Baske mit deutscher Note
Alonsos Spielerkarriere begann bei Real Sociedad San Sebastian, einem Verein aus dem Baskenland. Dort verbrachte Alonso den größten Teil seiner Jugend. Sein Vater, Periko Alonso, war als Spieler dreimal spanischer Meister - zweimal mit Real Sociedad, einmal mit dem FC Barcelona. Auch Xabi Alonsos älterer Bruder Mikel spielte für den Klub aus San Sebastian.
Xabis Spielintelligenz und Ruhe, sein außergewöhnliches Passspiel und sein taktisches Gespür weckten bald das Interesse europäischer Spitzenklubs. Der Mittelfeldstratege spielte für den FC Liverpool (2004 bis 2009), Real Madrid (2009 bis 2014) und den deutschen Rekordmeister FC Bayern München (2014 bis 2017). "Ich bin Baske, ganz und gar Baske, aber jetzt mit großem deutschen Einfluss", sagte Alonso zu Beginn dieser Saison der britischen Zeitung "The Guardian".
Der Analytiker
Obwohl Alonso etwa die Hälfte seiner Karriere außerhalb Spaniens verbrachte, waren es zwei spanische Trainer, die wohl den größten Einfluss auf ihn hatten. Sowohl Rafael Benitez in Liverpool als auch Pep Guardiola in seiner Zeit als Bayern-Trainer sahen bereits im Spieler Alonso den kommenden Topcoach. "Er war clever und analysierte. Wenn man normalerweise einem Spieler etwas erklärt, muss man es meist wiederholen. Xabi war einer, der schnell lernte", sagte Benitez, unter dem Alonso 2005 den ersten seiner beiden Champions-League-Titel gewann. Den zweiten bejubelte er 2014 mit Real Madrid. Mit der spanischen Nationalmannschaft wurde Alonso 2010 Weltmeister und zweimal in Folge Europameister (2008 und 2012).
"Er war einer der besten Mittelfeldspieler, die ich jemals gesehen habe. Ich war so froh, ihn in München dabei zu haben", erinnerte sich Guardiola. "Er versteht das Spiel und bringt auch die dafür nötige Neugier mit. Er wusste ganz genau, was wir tun mussten, um unsere Spiele zu gewinnen."
Ballbesitz und Pragmatismus
Seine analytischen Fähigkeiten stellt Alonso nun auch als Trainer unter Beweis. Der Spanier legt sehr großen Wert auf den Ballbesitz seiner Mannschaft. So hat Leverkusen in dieser Saison in der Bundesliga von allen Teams die meisten Pässe gespielt und sie auch an den Mann gebracht. Bayer 04 baut das Spiel häufig schnell durch die Mitte auf. Bei Kontern werden die flinken Außenverteidiger mit eingebunden.
Doch Alonso ist auch in der Lage, seine Taktik an den Gegner anzupassen - wie beim wichtigen 3:0-Sieg gegen den FC Bayern im Februar. Er verzichtete in der Startelf auf den rechten Außenverteidiger Jeremie Frimpong, den offensiven Mittelfeldspieler Jonas Hofmann und den tschechischen Stürmer Patrik Schick, um seine Mannschaft kompakter aufzustellen, ohne dabei an Tempo zu verlieren. Alonsos Wechsel überraschten die Bayern. Sie hatten zwar mehr Ballbesitz, brachten in den 90 Minuten aber nur einen einzigen Torschuss zustande.
"Ich denke, wir haben das Spiel gut kontrolliert. Wir haben im richtigen Moment gepresst oder auch gewartet. Für mich war es defensiv eine hervorragende Leistung", freute sich Alonso nach dem Spitzenspiel, das Leverkusens Status als Titelanwärter untermauerte.
Entschlossen und nahbar
Frimpong kam im Spiel gegen die Bayern erst nach gut einer Stunde von der Bank und erzielte in der Nachspielzeit den Treffer zum 3:0-Endstand. Die Chemie zwischen den Spielern und dem nach außen eher ruhigen, aber dennoch leidenschaftlichen und entschlossenen Alonso stimmt. "Alle Spieler haben ihm vertraut, was unsere Spielweise angeht", sagte Frimpong in dieser Woche gegenüber TNT Sports. "Man kann das auch auf dem Platz sehen - an unserer Spielfreude und daran, dass wir immer als geschlossenes Team auftreten. Er [Alonso - Anm. d. Red.] ist der Boss, aber auch einfach ein netter Kerl."
In dieser Hinsicht hat sich Alonso nach eigenen Worten ein Beispiel an seinem früheren Trainer Carlo Ancelotti genommen, unter dem er mit Real Madrid Champions-League-Sieger und mit den Bayern deutscher Meister wurde. "Carlo Ancelotti ist ein Meister in Sachen Menschenführung", sagte Alonso. "Er versteht es vorzüglich, Spieler zu überzeugen und gleichzeitig ein gutes Verhältnis zu ihnen zu haben."
Alonso bleibt
Zeitweise sah es nach einem Abschied Alonsos aus Leverkusen nach dem Ende der Saison aus. Es wurde spekuliert, dass der von vielen Klubs umworbene Trainer als Nachfolger von Thomas Tuchel den FC Bayern übernehmen oder aber beim FC Liverpool in die großen Fußstapfen von Jürgen Klopp treten würde. Doch Alonso winkte ab. "Es fühlt sich richtig an. Ich bin hier am richtigen Ort. Ich bleibe bei Bayer 04", sagte der Leverkusener Erfolgstrainer Ende März. "Mein Job ist definitiv noch nicht beendet, und wir haben noch einiges vor."
Der Artikel wurde aus dem Englischen adaptiert und nach dem 29. Spieltag aktualisiert.