FC Bayern: Der Jungbrunnen von München
10. April 2018Rechts herum. Langsamer Trab, auffällig gute Stimmung. Der Trainingsplatz an der Säbener Straße ist am Tag vor dem Rückspiel im Viertelfinale der UEFA Champions League (Mittwoch, 20.45 Uhr MESZ, ab 20.30 Uhr im DW-Liveticker) mit blickdichten Planen getarnt, die einen allzu großen Fan-Ansturm und die Blicke von Beobachtern abschirmen sollen. Beobachter, die möglicherweise aus Sevilla angereist sein könnten. Der Trainingsabschluss beim FC Bayern München vor dem Heimspiel gegen den FC Sevilla gestaltet sich locker, fast lässig, könnte man meinen. Wobei Trainer Jupp Heynckes, mit standesgemäßem Bayern-Käppi ausgestattet, diesen Eindruck der Lässigkeit sicher sofort zurückweisen würde. Mit Lässigkeit wird man nämlich nicht Deutscher Rekordmeister oder Triple-Sieger oder Champions-League-Halbfinalist.
2:1 hatten die Bayern das Hinspiel beim FC Sevilla gewonnen, und eigentlich kann sich außerhalb von Sevilla kaum jemand ein Szenario vorstellen, das ein Ausscheiden der Bayern vor dem Halbfinale beinhaltet. Daheim in der Allianz-Arena eine solche Situation nicht zu nutzen, nein, das ist hinter den blickdichten Planen beim FCB nicht vorgesehen.
Aber niemals würde Heynckes das zugeben. Im Presseraum der Allianz-Arena tritt am Nachmittag zunächst Arjen Robben auf. Der auch in zunehmendem Alter schnelle Mann aus Holland verbreitete schon am Morgen beim Training gute Laune. Obwohl er weiterhin auf einen neuen Vertrag seines Arbeitgebers wartet. Wie der TV-Sender "Sky" berichtete, hat Robbens Vater Hans sein Erscheinen in der bayerischen Landeshauptstadt angesagt. Der Vater ist gleichzeitig auch Arjen Robbens Berater. Möglicherweise kommt also doch Bewegung in die Angelegenheit.
Jetzt ist April
"Ich bin ein bisschen älter. Die letzten zwei Male habe ich im Januar verlängert, jetzt ist April und ich habe noch nicht verlängert", ging Robben den Kalender durch, ließ aber ansonsten keinen Zweifel daran, dass ihn das Thema Vertragsverlängerung im Moment weniger umtreibe als die erschienenen Journalisten. "Wir haben noch ein Spiel zu spielen", betonte er, bevor die Champions-League-Euphorie über das Erreichen des Halbfinales zu groß werden sollte. Und mit Blick auf die Ausgangslage nach dem gewonnenen Hinspiel in Sevilla fügte er hinzu, die Bayern könnten richtig zufrieden sein mit dem Ergebnis. "Aber es ist nicht vorbei."
Nach Robben kam der Cheftrainer, der sich wie immer größte Mühe gab, alle Fragen mit größtmöglicher Seriösität zu beantworten. Pressekonferenzen vor Spielen gegen spanische Klubs machen dem 72-Jährigen besonders viel Spaß, denn dann kann er spanische Fragen auf Spanisch beantworten. "Sevilla muss natürlich kommen, weil sie hinten sind und sie werden bestimmt angreifen. Aber wir wissen auch, was wir zu tun haben", erklärte Heynckes, der die Primera Division bestens kennt. Ansonsten bestätigte der Bayern-Trainer, was Beobachter schon am Morgen vermerkt hatten: David Alaba und Jerome Boateng hatten sich zurückgemeldet zum Mannschaftstraining. "Beide haben das Training begonnen und beide haben es auch zusammen beendet. Nur mit dem Unterschied; Jerome ist beschwerdefrei." Bei Alaba, so der Bayern-Trainer, fände er es besser, "wenn er erst noch einige Einheiten absolviert und dann am Samstag wieder hundertprozentig einsatzfähig ist".
Ansonsten überließ es Heynckes den Journalisten, "noch ein bisschen zu spekulieren, bis morgen". Bei ihm sei es üblich, dass die Spieler nicht aus den Medien erfahren, wer zur Anfangsformation gehört. "Im Mittelfeld, da drängt es sich", verriet Heynckes keine Neuigkeit und zählte auf: Tolisso, Martinez, James, Thomas Müller, Rudy. "Und deswegen ist es da für mich auch nicht immer leicht, die richtigen Drei auszuwählen, wer anfängt und wer da erstmal draußen bleibt." Arturo Vidal wird nach den Worten von Heynckes erst am Donnerstag wieder zum Training kommen. Er fällt also genauso wie Alaba für Sevilla aus.
Wie bei Benjamin Button
Was Robben angeht, so setzte der Cheftrainer sein Loblied nach der Meisterentscheidung des vergangenen Wochenendes fort und würdigte nochmal die Spielfreude und außergewöhnliche Fitness des 34-jährigen. "Jetzt am Samstag hat man einen Robben gesehen mit einer unglaublichen Spielfreude und einer Fitness wie vor fünf Jahren. Er ist ein leidenschaftlicher Fußballer." Kurz darauf fragte ein Kollege nach Vereinsarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt, der mit 75 Jahren sogar noch drei Jahre älter ist als Heynckes, und der nach den Worten des Trainers ebenfalls regelrecht aufblühe in seinem Job für den Klub.
Vielleicht ist der FC Bayern München am Ende ja eine Art Jungbrunnen. Und seine Helden werden in Wirklichkeit immer jünger. So wie Brad Pitt als Titelheld im Kinofilm "The Curious Case of Benjamin Button". Der kommt als Greis zur Welt, wird erwachsen und danach erst zum Kleinkind. Und irgendwann verlernt er das Laufen.
Aber das war ja nur ein Film. Und die Zeiten, dass man Bayern München "FC Hollywood" genannt hat, sind vorbei. Stattdessen bestätigte Heynckes: "Ich muss sagen, dass an der Säbener Straße auch heute wieder eine Bombenstimmung war." Der weiterhin jüngste 72-Jährige, den man sich hier vorstellen kann.