Corona-Krise: Bayern ruft Katastrophenfall aus
10. November 2021Heute ist es so weit: In Bayern soll angesichts der erheblich gestiegenen Zahlen von Corona-Neuinfektionen der landesweite Katastrophenfall in Kraft treten. Das kündigte Ministerpräsident Markus Söder an. Eine entsprechende Bekanntmachung werde das zuständige Landesinnenministerium zeitnah erlassen, erklärte die Staatskanzlei in München.
Das Corona-Infektionsgeschehen entwickele sich in Bayern derzeit sehr dynamisch, hieß es aus der Staatskanzlei. Die Sieben-Tage-Inzidenz erreiche täglich neue Höchststände. "Gleichzeitig steigt auch die Belegung von Krankenhausbetten, insbesondere von Intensivbetten, mit COVID-19-Patienten weiter an. In vielen Krankenhäusern sind bereits jetzt keine oder nur noch sehr wenige Kapazitäten verfügbar." Dies erhöhe den Koordinierungsbedarf bei der Belegung der Intensivbetten und der Verlegung von Patienten aus überlasteten Kliniken. Durch den Katastrophenfall können die beteiligten Behörden zentral koordiniert werden. Der Katastrophenfall wurde in der Corona-Pandemie bereits am 9. Dezember 2020 ausgerufen, er wurde erst am 4. Juni 2021 aufgehoben.
Höchstwert in Südbayern
Bayern ist von der aktuellen Corona-Welle besonders stark betroffen. Die Sieben-Tage-Inzidenz beträgt 398. Neun der zehn Landkreise in Deutschland mit der größten Zahl an Neuinfektionen je 100.000 Einwohner liegen in dem südlichen Bundesland. An der Spitze liegt der Landkreis Rottal-Inn mit 1104,3 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner.
Angesichts der rasch steigenden Corona-Zahlen forderte Söder einen Notfallplan von SPD, Grünen und FDP, die im Bund eine Koalition anstreben. Die Lage sei höchst besorgniserregend, Corona sei "mit aller Macht zurück", sagte Söder der Deutschen Presse-Agentur in München. "Es droht ein schlimmer Corona-Winter. Das, was in einigen Bundesländern stattfindet, ist nur der Vorläufer für das ganze Land", warnte der CSU-Chef.
Zudem forderte Söder: "Wir brauchen eine partielle Impfpflicht, insbesondere für bestimmte Berufsgruppen. Das ist dringend notwendig, mindestens in sensiblen Bereichen, beispielsweise in Alten- und Pflegeheimen oder Krankenhäusern." Zudem müssten Booster-Impfungen massiv vorangetrieben werden. Das werde nur gehen, indem der Geimpften-Status nach neun Monaten verfällt - wie schon in Österreich.
Merkel will Treffen mit Ländern
In die Debatte um eine wirkungsvolle Bekämpfung der Corona-Pandemie schaltete sich die geschäftsführende Kanzlerin ein. Angela Merkel will in der Übergangszeit zwischen alter und neuer Regierung wieder mehr Einheitlichkeit bei den Corona-Maßnahmen erreichen und dringt auf ein baldiges Treffen mit den Bundesländern. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte in Berlin, die Kanzlerin sei mit allen Beteiligten in Kontakt, um "schnellstmöglich" einen Termin herbeizuführen. Dazu zählten auch Vertreter der möglichen künftigen Ampel-Koalition, sagte Seibert. Bisher standen vor allem SPD-geführte Länder einem solchen Treffen skeptisch gegenüber.
Zu den Themen der Ministerpräsidentenkonferenz könnten Seibert zufolge die Durchsetzung schärferer Kontrollen von 3G- oder 2G-Regeln gehören sowie Verabredungen über eine Beschleunigung der Auffrischungsimpfungen. Als weiteres Thema nannte Seibert die Belegung der Kliniken mit COVID-19-Patienten. Es sollte darüber gesprochen werden, ob es einen einheitlichen Schwellenwert geben solle, ab dem regional zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden müssten.
Spahn für einheitliche Aktionen
Der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sprach sich ebenfalls für eine Ministerpräsidentenkonferenz aus. Er sagte dem Sender RTL/ntv, das sei ein Signal, wie ernst die Lage sei. Er plädierte für ein bundesweit einheitliches Vorgehen, wann 3G- und wann 2G-Regeln gelten sollen. 3G bedeutet, das Geimpfte, Genesene und negativ Getestete Zutritt haben, bei der 2G-Regel nur Geimpfte und Genesene.
Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz bei den Corona-Infektionen erreichte am Mittwoch den dritten Tag in Folge einen Höchstwert. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) lag die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche bei 232,1.
Wieder kostenfreie Bürgertests
Die kostenlosen Corona-Tests wird es voraussichtlich wieder ab der kommenden Woche geben. Es sei das Ziel, sie dann wieder starten zu lassen, sagte ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums der Nachrichtenagentur AFP. Dann soll eine entsprechende Verordnung in Kraft treten. Die Zeitungen der Funke Mediengruppe berichten, dass künftig alle Bürgerinnen und Bürger mindestens einmal pro Woche wieder Anspruch auf einen kostenlosen Test erhalten.
Dies sei insbesondere vor dem Hintergrund relevant, dass sich auch geimpfte Personen mit dem Coronavirus infizieren könnten "und damit eine Gefährdung insbesondere für vulnerable Personengruppen darstellen", heißt es in der Verordnung. Seit dem 11. Oktober mussten die Menschen die Tests selbst bezahlen. Die neue Verordnung soll bis Ende März 2022 gelten. Sie ist dem Vernehmen nach mit den sogenannten Ampel-Parteien SPD, Grüne und FDP abgestimmt.
kle/bru (afp, epd, dpa)