Green: "Will bei WM für USA spielen"
17. April 2014DW: Wie läuft ihre erste Saison in der zweiten Mannschaft des FC Bayern?
Julian Green: Sehr gut. Wir stehen auf dem ersten Platz und ich habe bisher 15 Tore erzielt. Unser Ziel ist es, in die dritte Liga aufzusteigen. Und ich denke auch, dass wir das schaffen können.
15 Tore sind beachtlich. Gerd Müller ist Co-Trainer der Mannschaft, hatte er ein paar Tipps für Sie?
Sicherlich kann er gute Hinweise geben. Ich bin noch ein sehr junger Spieler und nehme solche Tipps dann auch gerne an. Aber ich bin Torjäger, und am Ende stehe ich als Spieler auf dem Platz und treffe die Entscheidungen. Das habe ich, denke ich, in dieser Saison sehr gut gemacht.
Sie haben auch mit der ersten Mannschaft trainiert und einmal in der Champions League gespielt. Wie würden Sie Ihr Verhältnis zu Pep Guardiola beschreiben?
Das Verhältnis ist sehr gut. Es ist vor allem von großem Respekt geprägt. Es macht Spaß, unter so einem erfolgreichen Trainer zu trainieren. Er kann sehr viele Hinweise geben und mir in allen Bereichen weiterhelfen. Das macht sehr viel Spaß.
Der FC Bayern muss jetzt in der Champions League gegen Real Madrid antreten. Wie groß ist die Chance, dass die Bayern weiterkommen?
Das ist natürlich ein schwieriges Spiel, aber ich denke, wenn wir unsere volle Leistung bringen auf dem Platz, haben wir gute Chancen, ins Finale einzuziehen.
Sie haben sich im März dafür entschieden, für die Nationalmannschaft der USA zu spielen. Wie sind Sie zu dieser Entscheidung gekommen?
Das war eine schwierige Entscheidung, und ich habe mir dafür viel Zeit gelassen. Die Tage in Frankfurt, in denen ich das erste Mal mit dem US-Team trainiert habe [für das WM-Testspiel auf Zypern gegen die Ukraine], waren ausschlaggebend. Ich habe mich immer wieder mit dem Management und meiner Familie unterhalten und mit ihnen sportliche und organisatorische Fragen diskutiert. Mein Vater lebt in Florida, und wir haben regelmäßigen Kontakt, so dass die Verbindung all die Jahre sehr stark war. Das war natürlich auch mit ein Grund für die Entscheidung. Auch meine Mutter hat mir geraten, auf mein Herz zu hören, und das habe ich dann auch gemacht. Sowohl meine amerikanische als auch meine deutsche Familie haben sich über meine Entscheidung gefreut und sind damit zufrieden.
Man konnte aber auch lesen, Sie seien vorab auch im Gespräch mit Hans-Dieter Flick gewesen, dem Assistenten des deutschen Nationaltrainers Joachim Löw. Worum ging es da?
Ja, ich habe mit Hansi Flick gesprochen, und auch er hat mir ganz klar eine Perspektive aufgezeigt. Er hat mich dabei aber in keiner Weise unter Druck gesetzt und es war ein gutes Gespräch. Ich weiß, dass dieses Treffen nicht selbstverständlich war. Deshalb bin ich ihm dafür sehr dankbar. Am Ende war es meine freie Entscheidung, für Amerika zu spielen.
Es gibt viele Deutsch-Amerikaner im US Team, zum Beispiel Jermaine Jones und Terence Boyd. Hat Sie das bei Ihrer Entscheidung beeinflusst?
Nein, das würde ich nicht sagen. Mir hat einfach das Training in Frankfurt gefallen. Da war die ganze Mannschaft, nicht nur die Spieler aus Deutschland. Wir haben zusammen trainiert, und ich habe mich mit allen sehr wohl gefühlt.
Und wie würden Sie Ihr Verhältnis zu Jürgen Klinsmann beschreiben?
Er hat sich im Trainingscamp in Frankfurt viel Zeit für mich genommen, hat mir die Philosophie der Nationalmannschaft erklärt, und das Training lief auch sehr, sehr gut. Jürgen Klinsmann hat ja selbst zehn Jahre in der [deutschen] Nationalmannschaft gespielt, ist mit ihr Europameister und Weltmeister geworden. Wenn dir jemand mit dieser Erfahrung das Vertrauen schenkt, dann ist das natürlich ein großes Kompliment - besonders für einen 18-Jährigen.
Wie war das Spiel gegen Mexiko, ihr Länderspieldebüt für die USA?
Das war natürlich ein Highlight und eine große Motivation, das erste Länderspiel gleich gegen Mexiko spielen zu dürfen. Die Kulisse von 60.000 Zuschauern war sehr beeindruckend. Es hat mir großen Spaß gemacht, und ich bin dem Trainer und der Mannschaft dankbar für ihr Vertrauen.
Wie haben Ihre neuen US-Mannschaftskameraden Sie akzeptiert?
Sie haben mir geholfen und mich sehr gut aufgenommen. Als wir noch in Frankfurt trainiert haben, hat Clint Dempsey [US-Nationalspieler] mir ein Trikot überreicht und mir gesagt, die Mannschaft würde sich freuen, wenn ich mich für die USA entscheide. Das war eine schöne Geste und hat mir gezeigt, dass sie sehr viel Vertrauen in mich haben.
Glauben Sie, dass Sie in den Kader für die WM in Brasilien berufen werden?
Es ist mein großes Ziel, in Brasilien zu spielen. Dafür werde ich in jedem Training und jedem Spiel Gas geben. Am Ende entscheidet der Trainer, wer zur WM mitfährt.
Die USA und Deutschland sind bei der WM in derselben Gruppe und spielen am 26. Juni gegeneinander. Was glauben Sie, wer wird gewinnen?
Der Fußball wird in Amerika nie den Stellenwert haben wie hier in Deutschland. Aber meine ersten Eindrücke waren sehr positiv, und ich denke, dass die USA eine aufstrebende Fußballnation sind. Favorit ist jedoch Deutschland.
Die WM-Gruppe G ist eine schwere, in der ja auch Portugal und Ghana spielen. Welches Ziel ist für das US-Team realistisch?
Das ist wirkliche eine schwere Gruppe. Favoriten sind natürlich andere, aber so wie ich das US Team kennengelernt habe, weiß ich, dass die Mannschaft alles geben und auch ihre Chancen bekommen wird.
Und Ihr Tipp: Wer wird Weltmeister in Brasilien?
Brasilien, Spanien und Deutschland haben gute Chancen auf den Titel, und auch Argentinien würde ich zu den Anwärtern zählen.
Julian Green ist 18 Jahre alt. Er wurde 1995 in Tampa in Florida als Sohn einer Deutschen und eines US-Amerikaners geboren. Als er zwei Jahre alt war, zog seine Familie nach Deutschland. Green spielte zunächst in kleinen bayerischen Fußballvereinen, ehe er 2009 in die Jugendabteilung des FC Bayern wechselte. Im vergangenen November erhielt der Stürmer seinen ersten Profivertrag. Sein Debüt im US-Team gab er Anfang April beim 2:2 gegen Mexiko.
Das Interview führte David Raish.