ZAR-Außenminister: Becker-Pass ist gefälscht
19. Juni 2018Der Diplomatenpass von Boris Becker ist offenbar tatsächlich nicht echt: "Es handelt sich um eine Fälschung", bestätigt der Außenminister der Zentralafrikanischen Republik (ZAR) Charles-Armel Doubane. Die DW hatte Doubane zuvor ein Foto der Passkopie geschickt. In gereiztem Ton erklärte der Außenminister daraufhin auf Nachfrage: "Hören Sie, das bereitet mir kein Vergnügen. Ich meine es ernst! Ich kenne meine Unterschrift."
Der Pass ist laut offizieller Darstellung der Zentralafrikanischen Republik nicht nur eine Fälschung. Er weist Boris Becker offenbar auch eine ganz andere Aufgabe zu: die eines Attachés für Finanzen. Während Becker sich bislang darauf berief, Sonderattaché der ZAR für Sport und kulturelle Angelegenheiten bei der EU zu sein.
Becker hatte gehofft, mit einem Diplomatenstatus Immunität zu erlangen und so das gegen ihn laufende Insolvenzverfahren in Großbritannien zu beenden. Die einstige Tennisikone wäre schuldenfrei gewesen. Aber Insolvenzverwalter Mark Ford beklagte mangelnde Kooperationsbereitschaft und stellte einen Antrag auf Verlängerung des Verfahrens. Ein britisches Gericht hat dem inzwischen zugestimmt. Die juristischen Auseinandersetzungen sind für Becker also noch nicht ausgestanden.
Um Beckers Diplomatenpass entspann sich in den letzten Tagen ein regelrechter Krimi:
Diplomat oder nicht?
Becker war nach eigener Aussage von der Zentralafrikanischen Republik (ZAR) zum Attaché für Sport, humanitäre und kulturelle Fragen bei der EU ernannt worden. Das bestätigte auch Daniel Emery Dede, EU-Botschafter der ZAR, in einem Interview mit der DW am Wochenende: "Ich bestätige, dass Boris Becker über einen zentralafrikanischen Diplomatenpass verfügt. Ich bestätige auch, dass er auf eigene Kosten arbeitet. Wir haben kein Geld, um ihn zu bezahlen. Er ist Attaché in der Botschaft in Belgien, um der Zentralafrikanischen Republik aus ihrer Krise nach dem Bürgerkrieg zu helfen."
Doch dem widersprach der Außenminister der Zentralafrikanischen Republik postwendend. Im Interview mit der DW erklärte Charles-Armel Doubane: "Ich habe noch kein wie auch immer geartetes offizielles Dokument unterschrieben, das es Boris Becker erlauben würde, sich zentralafrikanischer Diplomat zu nennen, auch wenn ihm bei unserem Brüssel-Besuch versprochen wurde, dass er Attaché werden könnte. Doch bis zum jetzigen Moment habe ich kein Dokument der zentralafrikanischen diplomatischen Autoritäten unterschrieben, also des Präsidenten der Zentralafrikanischen Republik, und auch nicht des Außenministeriums, dem ich vorstehe."
"Nie einen Pass ausgestellt"
Pikant war nur, dass der vermeintliche Diplomatenpass Beckers, der in Kopie der DW vorliegt, die Unterschrift eben jenes Außenministers Doubane trägt. Doch der bestritt von Beginn an, das Dokument ausgestellt zu haben: "Ich habe Herrn Boris Becker nie einen Diplomatenpass ausgestellt." Er wolle das Dokument sehen, um seine Echtheit zu bestätigen oder zu dementieren. "Es gibt Unstimmigkeiten", erklärt Doubane. "Nun liegt es an der Zentralafrikanischen Republik, angemessene Maßnahmen zu ergreifen."
Berief sich Boris Becker also auf einen gefälschten Pass? Oder log der Außenminister? Dass da offenbar doch mehr war zwischen Krisenstaat und Tennislegende, als der Außenminister nun eingestehen wollte, zeigte ein Foto auf der Homepage der Botschaft Zentralafrikas in Belgien: Boris Becker, am Schreibtisch sitzend, hinter einer Fahne der ZAR, in einer Reihe mit weiteren Diplomaten des Landes. Dieses Foto ist seit dem Wochenende von der offiziellen Website verschwunden.
Beckers Berliner Anwalt legte der DW mittlerweile ein Dokument vor. Seiner Aussage zufolge stellt es die Ernennungsurkunde dar und trägt die Unterschrift des EU-Botschafters der Zentralafrikanischen Republik.
Und auch der Mann, der Becker in Kontakt mit den Regierenden gebracht haben könnte, hält sich bedeckt: Stephan Welk, ein umtriebiger Geschäftsmann aus Hessen, der seine Kontakte weltweit in höchste wirtschaftliche und politische Kreise gesponnen hat. Auch er wird auf der Website der zentralafrikanischen Botschaft in Brüssel als Mitglied des diplomatischen Corps geführt. Bis zum Wochenende stand Beckers Foto auf der Seite direkt neben seinem Konterfei. Die DW erreichte Welk in Hongkong - auf ihre Fragen reagierte er bisher allerdings noch nicht.
Noch nie Zentralafrika besucht
In der Zentralafrikanischen Republik selbst ist bislang kaum etwas über die Pass-Posse bekannt. Die Regierung behandelt den Fall offenbar diskret, die Medien des Landes haben das Thema noch nicht aufgegriffen. Schließlich gilt Becker als Freund von Präsident Faustin Archange Touadéra. Auch Außenminister Doubane erwähnt der DW gegenüber zwei Treffen von Becker und Präsident: "Sie haben diskutiert und sicher auch über ein Angebot in Bezug auf die Interessen der Zentralafrikanischen Republik geredet. Aber heute kann ich Ihnen sagen: Becker ist kein Mitglied meines diplomatischen Personals, das versichere ich."
EU-Botschafter Daniel Emery Dede gestand Becker sogar zu, sich gut auszukennen in Zentralfarika, besucht habe die deutsche Sportlegende sein Land bisher aber noch nicht.
Wäre Becker schon einmal nach Zentralafrika geflogen, hätte er einen weitgehend instabilen, immer wieder von heftigen ethnischen und religiös motivierten Kämpfen erschütterten Staat vorgefunden. Fast ein Viertel der Bevölkerung ist seit dem Ausbruch eines Bürgerkrieges im Jahr 2013 auf der Flucht. Etwa jeder zweite Zentralafrikaner ist laut UN auf humanitäre Hilfe angewiesen. Auf dem globalen Entwicklungsindex liegt es auf dem letzten Platz von 188 erfassten Staaten.