Befreit aus Myanmars Online-Betrugsfabriken
1. März 2024Rund tausend Menschen harren im Grenzgebiet zwischen Myanmar und Thailand aus. Sie wurden offenbar aus sogenannten Betrugsfabriken freigelassen: Opfer von Menschenhandel, die in streng bewachten Gebäudekomplexen eingesperrt waren und gezwungen wurden, systematisch online zu betrügen. Es ist das erste Mal, dass an diesem Grenzabschnitt so viele Opfer auf einmal freikommen. Die Opfer kommen aus der gesamten Welt, doch ein Großteil von ihnen sind chinesische Staatsbürger.
Am Donnerstag wurden die ersten 150 von ihnen mit Bussen nach Thailand gebracht und direkt mit drei Charterflügen nach China ausgeflogen. Das Investigativ-Team der DW konnte die Bilder des Transports mit Flugdaten abgleichen.
Arbeitsbedigungen in den Fabriken
Die Freilassung erfolgt einen Monat, nachdem das DW-Team eine Recherche veröffentlichte, die die brutalen Bedingungen in KK Park, der berüchtigtsten von mehreren solcher Betrugsfabriken aufdeckte. KK Park und eine Reihe anderer dieser Orte moderner Sklaverei sind in den letzten Jahren hier in Karen-Staat entstanden, wo seit Jahrzehnten Bürgerkrieg herrscht und unklare Machtstrukturen viel Raum für dunkle Geschäfte bieten.
Mehrere ehemalige Insassen erzählten von Folter durch Gewalt, dem Entzug von Nahrung und Schlaf und von umfassender Überwachung. Ihre Aufgabe: Online das Vertrauen von Ahnungslosen vor allem in Europa und den USA, aber auch China zu gewinnen und sie zu überreden, ihr Geld in dubiose Kryptowährungs-Konten anzulegen. Immer wieder konnten Einzelne entkommen oder freigekauft werden, die von den menschenunwürdigen Verhältnissen in den Lagern berichteten. Das Team der DW konnte die Spur des Geldes damals ins Umfeld der berüchtigten Triade 14k aus Hongkong zurückverfolgen.
Opfer oder Betrüger?
Was mit den chinesischen Opfern geschieht, die nun ausgeflogen wurden, ist unklar. Möglicherweise droht ihnen Haft wegen illegalen Grenzübertritts - sofern sie auf dem Landweg aus China nach Myanmar geschmuggelt wurden - oder wegen Betrugs.
Verschiedene Quellen bestätigten der DW, dass neben den Opfern aus China auch 350 Menschen anderer Nationalität freikamen - vor allem wohl aus Afrika. Was mit ihnen geschehen wird, ist ebenfalls unklar. Erkennt Thailand sie als Opfer von Menschenhandel an, können sie in ihre Heimat zurück. Ansonsten droht ihnen bis zu einem Jahr Gewahrsam wegen illegalen Grenzübertritts.
Dass jetzt so viele auf einmal freikommen, scheint auf eine koordinierte Aktion der Behörden aus China, Thailand und Myanmar zurückzugehen. Allerdings ist unklar, ob mit dem Crackdown auch das Ende dieser Betrugsfabriken eingeleitet wurde. Ein Insider, der sich im Grenzgebiet aufhält, berichtet der DW, dass sowohl der berüchtigte KK Park als auch andere Betrugsfabriken weiter in Betrieb sind.
Hier geht es zur DW Investigation "Krypto-Falle – Zwangsarbeit in Asiens Betrugsfabriken”