Begräbnis für äthiopischen Politsänger
2. Juli 2020Das Begräbnis des Sängers und Aktivisten der Bevölkerungsgruppe der Oromo fand in Äthiopien unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen statt und wurde live im Staatsfernsehen übertragen. Überschattet wurde die Beerdigung von Hachalu Hundessa durch die anhaltenden Spannungen in der Hauptstadt Addis Abeba und der umgebenden Oromia-Region. Bewaffnete Oromo-Milizen streiften durch die Hauptstadt Addis Abeba und griffen Angehörige anderer Ethnien an, wie der amharische Dienst des britischen Senders BBC berichtete.
Bei den Unruhen, die unmittelbar nach Hachalus gewaltsamem Tod am Montag begonnen hatten, kamen nach Polizeiangaben bisher 81 Menschen ums Leben. Nach Berichten der Zeitung "Addis Standard" waren 78 der Opfer Zivilisten, darunter auch ein Verwandter des Sängers.
Ministerpräsident Abiy ruft zum Zusammenhalt auf
Die Polizei nahm zahlreiche Oppositionelle fest. Unter ihnen ist der BBC zufolge auch der bekannte Aktivist Eskinder Nega, den Ministerpräsident Abiy Ahmed erst im vergangenen Jahr aus der politischen Haft entlassen hatte. Auch Jawar Mohammed, der den wichtigsten Oromo-Fernsehsender betreibt, sitzt in Haft.
Bei einer öffentlichen Gedenkfeier für Hachalu im Stadion von dessen Heimatstadt Ambo rief Ministerpräsident Abiy die Bevölkerung auf, zusammenzustehen. Wer immer den Sänger ermordet habe, wolle die Öffnung des Landes verhindern und Äthiopien spalten. Hachalus Vater wies Vorwürfe zurück, die Regierung habe etwas mit dem Tod seines Sohnes zu tun. Der Präsident der Oromia-Region, Shimelis Abdissa, kündigte an, ein Denkmal für den Sänger in der Hauptstadt Addis Abeba errichten zu wollen.
Hachalus Songs als "Soundtrack" der Oromo-Proteste
Hintergrund der Unruhen sind seit längerem wachsende Spannungen zwischen Oromo-Nationalisten und Ministerpräsident Abiy Ahmed, der selber Oromo ist. Hachalus Songs galten als "Soundtrack" der Oromo-Proteste, die 2018 zum Sturz der Regierung von Ministerpräsident Hailemariam Desalegn und zur Amtsübernahme durch Abiy geführt hatten. Der festgenommene Oppositionspolitiker Jawar Mohammed, in dessen Fernsehsender zahlreiche Kritiker des Ministerpräsidenten zu Wort kommen, wirft Abiy vor, sich zu wenig um die Belange der Angehörigen der größten Ethnie im Vielvölkerstaat zu kümmern. Militante Gruppen kämpfen für eine Unabhängigkeit des Gebiets.
pg/qu (dpa, epd, rtr, ap)