Beim Pilgern das Leben neu entdecken
Wenn die Welt zu hektisch wird und keine Zeit mehr bleibt für menschliches Miteinander, dann gehen Menschen pilgern. Sie suchen nach Entschleunigung. Überall auf der Welt boomt das Pilgern, wie eine Ausstellung zeigt.
Santiago de Compostela
Das Wegenetz umfasst 42.000 Kilometer. Das Ziel: Das Grab des Apostels Jakobus des Älteren in der Kathedrale von Santiago de Compostela in Galizien (Bild). Der Apostel wurde der Legende nach in Jerusalem hingerichtet, nachdem er erfolglos versuchte hatte, in Spanien zu missionieren.
Sinakara
Die meisten Pilger verkleiden sich als Tänzer, um ins peruanische Sinakara zu pilgern. Jeder der an die hundert Tänze ist anders – abhängig von der Herkunft der Pilger. Zum Abschluss kämpfen sie spielerisch miteinander. Die Rituale rund um die Pilgerschaft wurden ins Verzeichnis der immateriellen Kulturgüter der UNESCO aufgenommen.
Jerusalem
Kaum ein Ort, der über so viele Jahrhunderte so umkämpft war, wie Jerusalem. Juden, Christen, Muslime betrachten Jerusalem als ihre Heilige Stadt. Die drei Religionen haben eine Wurzel: Den Stammvater Abraham - derjenige, der die Einzigartigkeit Gottes erkannt hat. Am Ort der Grabeskirche soll Jesus Christus nach der Kreuzigung beigesetzt worden sein. Dann, so die Bibel, kam die Auferstehung.
Mekka
An einer Pilgerreise nach Mekka kommt kein Muslim vorbei. Einmal im Leben gehört der Haddsch zum Glaubensprogramm. Die Rituale, wie das siebenmalige Umrunden und das Berühren der Kaaba (s. Bild), finden in einem Zeitraum von fünf Tagen statt. In Mekka wurde der Prophet Mohammed geboren und ihm der Koran offenbart.
Kerbela
Ein Ding der Unvorstellbarkeit: 30 Millionen Pilger des schiitischen Islams besuchen jährlich das Grabmal des Enkels des Propheten Mohammed. Wer den Schrein berührt, holt sich den Segen ab. Silberne Gitter im Mausoleum und an anderen heiligen Orten Kerbelas erfüllen dieselbe segensreiche Wirkung, die sogar Kranke heilen soll.
Touba
Pilgern ist eine Art logistisches Wunder, das nur funktioniert, weil viele Ehrenamtliche die Pilger mit offenen Armen empfangen. So auch im westafrikanischen Touba im Senegal. Es gibt kein Hotel, dafür öffnen Privatleute ihre Häuser und Wohnungen für die Pilger. Ein Akt der Nächstenliebe für die Pilger, die die Große Mosche und das Mausoleum von Sheikh Amadou Bamba besuchen.
Shikoku
Die Shikoku-Pilgerroute erinnert an den Weg nach Santiago de Compostela. Jeder der in weiß gekleideten Pilger, der auf der Insel in Japan unterwegs ist, bekommt ein Stempelbuch. Seit 1200 Jahren pilgern Menschen auf den Spuren des Mönchs Kobo Daishi, um innere Einkehr zu finden. Aber auch touristische Pilger machen sich auf den Weg, um den Sorgen des Alltags zu entkommen.
Mexiko-Stadt
Sechs bis acht Millionen Katholiken kommen im Dezember jeweils für drei Tage nach Mexiko-City, um das Bild der Jungfrau von Guadelupe zu sehen. Sie veranstalten ein wahres Volksfest mit Umzügen, Kostümen, Tanz und Gesang. Rund um das Pilgern hat sich ein umfangreicher Devotionalienhandel entwickelt. Viele der kitschigen Marienbildchen sind allerdings Made in China.