Belgische Erfindungen
20. Juli 2005Der Urknall
Als Georges Henri Lemaître 1864 in Charleroi geboren wurde, war es in dem wallonischen Ort noch ganz still. Keine Spur von Urknall und kein Fluglärm an dem Ort, an dem heute Belgiens Hauptstadt-Flughafen liegt. Lemaître wollte Priester und Wissenschaftler werden und verließ Charleroi. Er studierte Physik und Mathematik an der belgischen Universität Leuven und forschte in Cambridge, in den USA und wieder in Leuven - auf der Suche nach dem Ursprung des Universums. Ende der 1920er Jahre enstand seine Theorie. Für Lemaître hatte die Welt mit einem Uratom begonnen: "ein kosmisches Ei, das im Moment der Entstehung [des Universums] explodierte." Eine Theorie, die für viele Wissenschaftler zu christlich daher kam, weil sie von einem einzigen Ursprung ausgeht. Zwar ließ sich Einstein von ihr überzeugen, und Lemaître bekam den wichtigsten belgischen Wissenschaftspreis. Aber um den Erfinder der Urknalltheorie blieb es still, auch über seinen Tod im Jahr 1966 hinaus.
Mit seiner Idee beschäftigen sich die Forscher auch heute noch. Inzwischen können sie die Zeit bis zu dem vermeintlichen Urknall schätzen: rund 13,7 Milliarden Jahre.
Ein Zeitraum, in den das 175 Jahre junge, unterschätze Belgien 80.000 mal hineinpasst!
Das Saxophon
Der Star der Blasinstrumente wird auch gern liebevoll "Sax" genannt. Und genau so heißt der belgische Erfinder des Instruments. Adolphe Sax stammt aus dem wallonischen Dinant an der Maas. Und eigentlich war er ein begnadeter Klarinettist. Bis zu dem Tag, als er in der Instrumentenwerkstatt seines Vaters das erste Saxophon bastelte. Er wollte einen kräftigeren, volleren Klang und bekam ihn mit dem neuen Instrument. 1842 ging Sax mit seinem Saxophon nach Paris, um Sponsoren für die Vermarktung des Instruments zu finden. Der französische Komponist Hector Berlioz war Feuer und Flamme. Sax baute Saxophone in verschiedenen Größen und ließ sich seine Erfindung 1846 patentieren. Das Patent bekam der Belgier allerdings nur für insgesamt 20 Jahre. Und weil in Paris inzwischen alle Saxophone bauten, stand Sax vor dem Bankrott. Die Rettung: Sax dreht seine Instrumente dem französischen Militär an. Und er bekam einen Posten als Saxophon-Lehrer am Pariser Konservatorium. Trotzdem hat die Geschichte von Adolphe Sax kein Happy End: Schuld sind die schlechten Zeiten nach dem preussisch-französischen Krieg 1870/71. Der Erfinder des Saxophons musste endgültig Konkurs anmelden und starb als armer Mann 1894. Seine Werkstatt wurde zuvor versteigert. Einer der Käufer hieß Henri Selmer: seine Familie baut bis heute Saxophone – französische Instrumente also, aber mit belgischer Seele…
Die Schlümpfe
Korrekterweise müssten wir die Schlümpfe Strümpfe nennen. Denn Pierre Culliford, der Vater der blauen Comiczwerge, war Belgier und taufte den ersten blauen Wicht "Schtroumpf". Culliford zeichnete unter dem Pseudonym Peyo Comics. Und zwar in Brüssel, das bis heute die Welthauptstadt der Comics ist. Den Namen "Schtroumpf" fand Culliford per Zufall, im Urlaub mit dem Comiczeichner Franquin. Culliard und Franquin saßen beim Mittagessen und Culliard wollte nach dem Salzstreuer fragen. Nur fiel im das Wort nicht mehr ein. Er sagte spontan "Schtroumpf" und daraus wurde ein Spiel: Schtroumpf wurde gleichbedeutend mit "das Ding da". Zurück in Brüssel entwarf Culliard einen kleinen blauen Kobold für seine Comicgeschichte "Johan und Pirlouit". Den Kobold taufte er "Schtroumph". Das war 1958. Ein Jahr später erschien ein kurzer Comic nur mit Schlümpfen und bald kam Culliard nicht mehr nach mit dem Zeichnen. Er stellte eine ganze Schlumpf-Zeichentruppe an. Die Schlümpfe eroberten von Belgien aus die Welt. Comics, Zeichentrickfilme und Kinderspielzeug: in den 1980er Jahren wimmelte es von blauen Zwergen mit weißen Mützen, die manchmal an Salzstreuer erinnern... Inzwischen haben die Schlumpffiguren Kultstatus mit Sammlerwert. Der Vater der Schlümpfe, Pierre Culliford, hat das noch miterlebt. Und konnte, als einer der wenigen Belgier, den Ruhm seiner Erfindung bis zu seinem Tod 1992 in vollen Zügen genießen.