Bengalos, Prügel und ein später Ausgleich
17. Juni 2016
Es war die 86. Minute der Vorrundenpartie zwischen Tschechien und Kroatien, als die Bengalos flogen. 15, 20, vielleicht sogar noch mehr der Feuerwerkskörper wurden aus dem kroatischen Fanblock aufs Spielfeld geworfen. Zu einem Zeitpunkt, als Kroatien im Stadion von Saint-Etienne mit 2:1 führte. Schiedsrichter Mark Clattenburg aus England musste die Partie für vier Minuten unterbrechen, die kroatischen Spieler versuchten ihren Anhang zu beschwichtigen. Die Idioten auf den Rängen aber prügelten sich jetzt untereinander.
Und so werden einige von ihnen den Ausgleichstreffer der Tschechen gar nicht mitbekommen haben. Der fiel per Handelfmeter durch den eingewechselten Tomas Necid in der 3. Minute der Nachspielzeit. Dabei hatten die Kroaten schon mit 2:0 geführt durch Tore von Ivan Perisic (37.) und Ivan Rakitic (59.) und sahen wie die sicheren Sieger aus, ehe zunächst Milan Skoda den Anschluss schaffte (76.) und einige Chaoten unter den Zuschauern den Rhythmus des eigenen Teams brachen. Durch das 2:2 (1:0) verpasst Kroatien den vorzeitigen Einzug ins Achtelfinale der EM, Tschechien darf sich dagegen wieder Hoffnungen machen.
Strafstoß als versteckte Strafe?
Kroatien war eine Stunde lang die dominierende Mannschaft auf dem Platz, spielte sich Tormöglichkeit um Tormöglichkeit heraus und kam durch Pesisic zum verdienten Führungstreffer. Der schloss ein Solo über den halben Platz nach einem gekonnten Übersteiger mit einem gezielten Schuss ins lange Eck ab. Der ehemalige Welttorhüter im Tor der Tschechen, Peter Cech, hatte keine Chance. Ebenso beim 2:0, als er von Rakitic überlupft wurde. Mit einer der ersten Strafraumaktionen schafften die Tschechen den Anschlusstreffer, als Skoda per Kopf aus elf Metern erfolgreich war. Dennoch drückte Kroatien weiter, war dem 3:1 nahe, ehe die Pseudofans der Begegnung "ihren" Stempel aufdrückten.
"Schade. Es ist schwer, die richtigen Worte zu finden", sagte Rakitic nach der Partie. "Ich bin überzeugt davon, dass es viel mehr Fans gibt, die hinter uns stehen. Ich will mich bei der UEFA entschuldigen, bei der tschechischen Nationalmannschaft." Fast ein wenig resigniert witterte er sogar eine kleine Verschwörung: " Ich glaube, es ist kein Zufall, dass wir kurz danach den Elfmeter kriegen", relativierte dann aber: "Wenn wir uns auf den Rängen nicht benehmen können, haben wir es auf dem Feld vielleicht auch nicht verdient." In der Tat war das Handspiel, das dem Strafstoßpfiff vorausging, eindeutig, der Elfmeter unumstritten.
"Das sind Terroristen"
Ivan Klasnic, Ex-Profi für Werder Bremen, mutmaßte im ZDF, dass die Fans wohl mit dem Verband eine Rechnung offen hätten, anders ließe sich die Aktion kaum erklären. Und Torschütze Ivan Perisic sah einen direkten Zusammenhang zwischen den Ausschreitungen und dem Ausgleich: "Das ist nicht normal im Fußball, dass deine Fans bei einer 2:0-Führung so etwas machen. Du musst mit den Fans reden, das kostet Energie, das kostet Kraft." Völlig entrüstet war Nationaltrainer Ante Cacic: "Das war Terror. Ich nenne diese Leute Hooligans, nicht Fans, das sind Terroristen!", schimpfte er: "Ihr Platz ist nicht im Stadion. Gegen Italien in Mailand gab es Nazi-Zeichen, die ruinieren alles, was wir tun. Das ist eine Schande vor den Augen ganz Europas!"
Kroatien hat mit nun vier Punkten in der Gruppe D noch alle Trümpfe in der Hand, kann sogar noch Gruppen-Erster werden. Tschechien hat nach der Niederlage gegen Spanien zum Auftakt nun den ersten Punkt auf dem Konto.
Lesen Sie hier noch einmal die Partie in ihrer Chronologie nach!