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Benimm: Ja kann auch Nein sein

Sebastian Schubert15. April 2005

Wer als Topmanager vom Mutterkonzern nach Kirgisien, Kolumbien oder Kasachstan geschickt wird, muss wissen, welche Sitten und Bräuche ihn erwarten. Interkulturelle Kompetenz heißt die Fähigkeit, ohne die es nicht geht.

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Was wie und in welcher Reihenfolge?!Bild: dpa

Wer sich in Madagaskar mit einem roten Stift Notizen macht, weckt bei den Gastgebern unangenehme Erinnerungen an die Kolonialzeit. Chinesen empfinden es als Beleidigung, wenn der Gast beim Essen niest oder sich die Nase putzt. Den japanischen Gastgebern sollte man nicht mit chin-chin zuprosten, denn das ist in der Vulgärsprache gleichbedeutend mit männlichen Geschlechtsorganen.

Wer solche Probleme nicht hat, auf den warten andere Herausforderungen: In den USA geht es nicht in erster Linie um innovative Ideen, sondern vorwiegend darum, dass schnell viel Geld verdient wird. In der arabischen Welt muss man sich auf ein Gespräch über das Privatleben einstellen, bevor ein Vertragsabschluss in Betracht kommt. Für den, der in Russland auf gute Geschäfte hofft, sind Geduld und Ruhe erste Managerpflicht.

Vorerst den Schnabel halten

Damit das klappt, gibt es Beratungsfirmen, die deutsche Manager auf ihre Zeit im Ausland vorbereiten. Bernhard Reisch, Geschäftsführer des Instituts für Interkulturelles Management in Bad Honnef, beschäftigt sich schon lange mit Verhaltensmustern in der deutschen Wirtschaft, die im Ausland alles andere als selbstverständlich sind. "Die Deutschen arbeiten immer ergebnisorientiert an sachlichen Lösungen. Machtfragen blenden sie oft völlig aus und vergessen, dass das zum Beispiel in Frankreich von Schwäche zeugt. In China dagegen darf eine sachliche Lösung niemals dazu führen, dass einer der Beteiligten nichts von seinen Plänen umsetzt", sagt er.

In den USA sieht wieder alles anders aus. Da fragt der Vertriebspartner nicht nach dem Produkt, erzählt Bernhard Reisch. Die Amerikaner wollen wissen, was für sie konkret dabei herauskommt. Und jemand im asiatischen Personalwesen sollte sich klarmachen, dass er die Leute viel stärker an die Hand nehmen muss als in Deutschland. Bei ranghöheren Geschäftspartnern empfiehlt Reisch: "Erstmal warten und den Schnabel halten."

Durch die Blume

Gerade asiatische Manager verhalten sich in Geschäftsverhandlungen ganz anders als ihre deutschen Kollegen. Kontroverse Diskussionen sind sie nicht gewohnt, offene Kritik gilt als unhöflich und respektlos. Ein chinesisch verpacktes "Ja" kann in der deutschen Wirklichkeit ein "Nein" bedeuten.

Auch im arabischen Raum warten Fallen auf die deutschen Manager. Besonders natürlich auf Frauen: Als Geschäftspartner werden Frauen nur ernst genommen, wenn sie ihre klassische Frauenrolle hinter sich lassen, erzählt Reisch. Also: keine Komplimente, keine Blumen, kein roter Teppich. Dass sie es geschafft hat, weiß die Frau dann, wenn ihr keine Türen mehr aufgehalten werden und sie nicht mehr zum Essen eingeladen wird.

Die Griechen kommen zu spät

Man muss gar nicht nach Arabien fahren, um große Unterschiede in der Geschäftskultur wahrzunehmen, glaubt Simone Schlobinsky. Die Wirtschaftsstudentin besucht bei der Deutschen Welle einen Kurs für interkulturelles Medientraining zur Vorbereitung auf den Umgang mit ausländischen Partnern.

"Das fängt schon dabei an, dass unser Grieche einfach gerne zu spät kommt, weil er es gewöhnt ist, dass man sich später als verabredet trifft, oder dass die Franzosen erst mal ein paar Stunden plaudern, bevor sie zum eigentlichen Thema kommen," erzählt sie. Sie fand es verblüffend zu sehen, wie oft solche Verhaltensweisen bei Kollegen anderer Nationalitäten für Missverständnisse sorgten. Missverständnisse, die man durch interkulturelle Kompetenz verhindern kann. Aber was ist das eigentlich - interkulturelle Kompetenz?

Was ist Zeit?

Thomas Kirschning ist verantwortlich für das interkulturelle Medientraining bei der Deutschen Welle. Für ihn besitzen deutsche Manager dann interkulturelle Kompetenz, wenn sie sich als erstes bewusst machen, was die eigene Kultur an Vorprägungen und Erwartungen mitliefert.

"Deutsche denken auf einer linearen Zeitachse, pflegen einen gebührenden Abstand zum Geschäftspartner und orientieren sich an einem bestimmten Geschäftskontext", erklärt Kirschning. In Asien dagegen gibt es unterschiedliche Zeitachsen, in Arabien bedeutet räumliche Nähe persönliche Wertschätzung, oft gibt erst der familiäre Hintergrund den Ausschlag zum Geschäftsabschluss.

Brücken bauen

Kirschning selbst kann sich an ein Erlebnis als Trainer in Indonesien zurückerinnern: "Ich wollte, dass die mich ohne die übliche Hierarchieordnung wahrnehmen. Die wussten erst gar nicht, wie sie mit mir umgehen sollten. Am Ende des Kurses haben sie mich dann 'großer Bruder' genannt."

Kirschning wusste anfangs gar nicht, warum. "Erst später habe ich gemerkt: Die mussten sich eine Brücke bauen, um mich über das Bindeglied der Familie als Teil von ihnen anzusehen." Auch Manager müssen Brücken bauen, findet Kirschning. Wer durchschaut, wo er herkommt und welche Vorprägungen er hat, dem wird das gelingen.