Pannen vor Terroranschlägen haben Folgen
26. März 2016Die griechische Polizei soll bereits im Januar 2015 in zwei Wohnungen in Athen Pläne entdeckt haben, die auf einen Terroranschlag auf dem Flughafen von Brüssel hindeuteten. Schon damals seien die belgischen Behörden informiert worden, berichtet nach Angaben der Deutschen Presse-Agentur der Athener Nachrichtensender Skai. Dieser wiederum beruft sich auf Informationen der griechischen Polizei. Unter anderem sei eine Karte des Flughafens von Brüssel gefunden worden. Eine offizielle Erklärung der Polizei dazu gab es zunächst nicht.
Dem Bericht zufolge wurden die Unterlagen in Wohnungen entdeckt, die von Islamisten angemietet worden waren. Nach den Anschlägen von Paris im November habe sich herausgestellt, dass es sich bei einem der Männer um Abdelhamid Abaaoud gehandelt habe, meldete der Sender.
Abaaoud gilt als mutmaßlicher Drahtzieher der Pariser Anschläge. Er wurde im November wenige Tage nach der Terrorserie bei einem Anti-Terror-Einsatz im Pariser Vorort Saint-Denis getötet. Abaaoud hatte auf seinen Reisen quer durch Europa auch eine Wohnung in Athen gemietet. Die französische Polizei hatte nach seinem Tod eine DNA-Probe des 27 Jahre alten Terroristen an die griechischen Behörden übermittelt. Damals war im Zuge der Ermittlungen in einer anderen Wohnung auch ein 33-jähriger Mann festgenommen worden, den die griechischen Behörden anschließend nach Belgien überstellten.
Belgischer Polizist verschleppt Informationen aus Türkei
Auch wichtigen Hinweisen aus der Türkei haben die belgischen Behörden offenbar nicht ausreichend Aufmerksamkeit geschenkt. So hat ein belgischer Polizist im türkischen Istanbul nach Angaben der Regierung in Brüssel den Informationsfluss über den Attentäter Ibrahim El Bakraoui, der sich am Dienstag am Flughafen Brüssel-Zaventem mit dem Komplizen Najim Laachraoui in die Luft sprengte, zwischen beiden Ländern verschleppt. Der Verbindungsbeamte habe "mindestens nachlässig und weder sehr proaktiv noch sehr engagiert" gehandelt, als die türkischen Behörden Angaben zu El Bakraoui gemacht hätten, erklärte Belgiens Innenminister Jan Jambon vor Parlamentariern. Der Mann habe "einen Fehler gemacht", was "inakzeptabel" sei. Gegen den Polizisten soll jetzt ein Disziplinarverfahren eingeleitet werden.
Nach den Worten Jambons war El Bakraoui am 11. Juni 2015 im türkischen Gaziantep an der Grenze zu Syrien unter Terrorverdacht festgenommen worden, worüber der belgische Verbindungsbeamte in Istanbul am 26. Juni informiert worden sei. Drei Tage später habe der Polizist die Informationen nach Brüssel weitergeleitet.
Verbindungsoffizier regt sich nicht
Die dortige Antiterrorbehörde habe daraufhin um weitere Informationen über den in Belgien wegen mehrerer Delikte Verurteilten gebeten. Bis zum 20. Juli sei jedoch nichts geschehen. "Der Verbindungsoffizier hat nichts unternommen, es gab seinerseits keine Kommunikation mehr", sagte Jambon. Belgiens Justizminister Koen Geens, der sich ebenfalls im Parlament äußerte, gab an, die Regierung sei im Sommer erst nach der Rückkehr El Bakraouis von dessen Abschiebung aus der Türkei informiert worden.
Warnhinweise aus der Türkei ignoriert
Die Regierung in Ankara hatte Belgien zuvor vorgeworfen, Warnhinweise über den des Landes verwiesenen El Bakraoui ignoriert zu haben. Am Freitag bekräftigte Staatschef Recep Tayyip Erdogan die Kritik. Er wies darauf hin, die türkischen Behörden hätten Belgien gewarnt, dass es sich bei dem im Juli in die Niederlande abgeschobenen Mann um einen "ausländischen terroristischen Kämpfer" handele.
Die belgischen Behörden hatten dies jedoch nicht bestätigt und den Mann nach seiner Rückkehr auf freien Fuß gesetzt.
Die Affäre um El Bakraoui erschütterte auch Belgiens Regierung. Innenminister Jambon und Justizminister Geens boten wegen der Pannen kürzlich ihren Rücktritt an, was Premierminister Charles Michel jedoch ablehnte.
Belgische Brüder auf US-Terrorliste
Wie jetzt weiter bekannt wurde, ist Ibrahim El Bakraoui bereits vor den Anschlägen von Paris vom 13. November auf einer Terroristenliste der USA geführt worden. Kurz nach den Anschlägen sei auch sein jüngerer Bruder Khalid El Bakraoui, der sich in der Brüsseler U-Bahn-Station in die Luft sprengte, auf diese Liste gesetzt worden, berichtete der US-Fernsehsender CNN unter Berufung auf Behördenkreise.
chr/se/wl (dpa, afp)