Berlinale: Rumänische Satire gewinnt Goldenen Bären
5. März 2021Egal, wie die Jury der Internationalen Filmfestspiele Berlin bislang besetzt war: Sie ist bei der Vergabe des Goldenen und der Silbernen Bären immer wieder für Überraschungen gut. Bei der 71. Berlinale, die pandemiebedingt in zwei Teilen stattfindet, hat die aus sechs früheren Bären-Gewinnerinnen und -Gewinnern zusammengesetzte Jury die rumänisch-luxemburgisch-kroatisch-tschechische Koproduktion "Bad Luck Banging or Loony Porn" mit dem Goldenen Bären, dem Hauptpreis des Festivals, geehrt.
In der Satire dreht eine Lehrerin ein privates Sextape, das ins Internet und schließlich an ihre Schule gelangt. In der Folge muss sie sich einem Elterntribunal stellen, das nicht nur ihre Persönlichkeit und ihre Eignung als Lehrerin infrage stellt, sondern alle Vorurteile und Ressentiments vom Stapel lässt, die Sexismus, Faschismus, Antisemitismus und Antiziganismus zu bieten haben.
In "Bad Luck Banging or Loony Porn" ist die Pandemie, anders als in den anderen Wettbewerbsbeiträgen, bewusst in die Handlung integriert und allgegenwärtig. Für Gesprächsstoff sorgten zudem die expliziten Sexszenen gleich zu Beginn des Films. Zuletzt hatte die Berlinale 2018 für eine Kontroverse gesorgt, als der ebenfalls rumänische Film "Touch Me Not" mit dem Goldenen Bären ausgezeichnet worden war.
Viele Episodenfilme
Der Gewinner des Goldenen Bären ist - wie auch einige der mit dem Silbernen Bären prämierten Beiträge - eine episodisch erzählte Geschichte. Ebenso der südkoreanische Film "Introduction" (Bestes Drehbuch), "Forest - I See You Everywhere" aus Ungarn (Beste Nebenrolle) und "Wheel of Fortune and Fantasy" des japanischen Regisseurs Ryusuke Hamaguchi (Großer Preis der Jury).
Auch zwei deutsche Produktionen hat die diesjährige Jury bei der Preisvergabe gewürdigt. Maria Speth erhält für ihre Langzeitdokumentation "Herr Bachmann und seine Klasse" über einen empathischen Lehrer der Schüler unterrichtet, die nahezu keine Deutschkenntnisse haben, den Preis der Jury.
Die beste schauspielerische Leistung in einer Hauptrolle lieferte in diesem Jahr nach Ansicht der Jury Maren Eggert in Maria Schraders Romantic Comedy "Ich bin dein Mensch". Als rationale Alma muss sie sich auf die Gesellschaft eines humanoiden Roboters einlassen und die Frage beantworten, ob künstliche Intelligenz einen Menschen ersetzen kann.
Publikumsfestival im Sommer
In diesem Jahr war der Wettbewerb der Berlinale verschlankt. Statt sonst rund 20 Filmen, waren nur 15 ins Rennen um die Bären gegangen. Auch die Zusammenstellung des Programms musste in diesem Jahr anders ablaufen. Normalerweise reisen die künstlerischen Leiter von Festivals in den Monaten vor dem großen Event durch die Welt, sichten Filme, treffen sich mit Produzenten und Regisseurinen. Weil andere Filmfestivals 2020 aber ganz ausgefallen waren, hatten zahlreiche Filmschaffende ihre Werke der Berlinale aktiv angeboten.
Trotz der Corona-Pandemie sollte die Berlinale nicht ausfallen, deshalb teilten die Verantwortlichen das Festival in diesem Jahr in zwei Veranstaltungen auf. In der ersten Märzwoche lief das "Industry Event", bei dem Verleihfirmen Filme für die internationalen Märkte einkaufen. Hier zeigte sich ein Vorteil der digitalen Organisation: Weil die Reisekosten wegfielen, meldeten sich mehr als 470 Firmen aus fast 60 Ländern an - fast 200 nahmen zum ersten Mal teil.
Anders als sonst, sind die Bären nun also schon vergeben, bevor das Publikum die Filme zu sehen bekommt. Man kann sich trotzdem auf ein spannendes Festival freuen, wenn die Zuschauer im Juni beim zweiten Teil der 71. Berlinale hoffentlich mitfeiern dürfen. Auf dem Berlinale Summer Special vom 9. bis 20. Juni sollen dann auch die Bären im Rahmen einer Zeremonie überreicht werden - sofern es die Corona-Infektionszahlen zulassen.