Bessere Ergebnisse bei PISA-Studie
14. Juli 2005Die Kultusminister sehen in der jüngsten PISA-Schulstudie eine Bestätigung ihrer Reformpolitik. Zufrieden zeigte sich am Donnerstag (14.7.2005) auch Bremens Bildungssenator Willi Lemke, dessen Stadtstaat das Schlusslicht bildet. "Wir belegen zwar wieder nur den letzten Platz unter 16 Bundesländern", sagte Lemke. "Dennoch bin ich voller Zuversicht, weil wir überdurchschnittlich bei den Schülerleistungen aufgeholt haben."
Bildungssystem in Bewegung
"Bei allen Ländern finden wir positive Veränderungen", bilanzierte der PISA-Forscher Manfred Prenzel bei der Vorstellung der neuen PISA-Länderergebnisse. Gegenüber dem ersten Test vor drei Jahren habe es überall Fortschritte gegeben. Erfasst wurden für die Studie die Kenntnisse 15-jähriger Schüler in den Bereichen Lesen, Mathematik, Naturwissenschaften und Problemlösen. "Das deutsche Schulsystem ist in Bewegung. Unsere Anstrengungen lohnen sich", sagte die Vize-Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Doris Ahnen. Baden-Württembergs Kultusministerin Annette Schavan (CDU) sagte: "Das Ergebnis wird in vielen Schulen für Stimmung sorgen."
Warnung vor falscher Euphorie
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) warnte hingegen vor falscher Euphorie und Selbstgefälligkeit. Das Hauptproblem der deutschen Schulen - die mangelnde Förderung von Arbeiter- und Migrantenkindern - sei weiter ungelöst, sagte GEW-Vize-Chefin Marianne Demmer. Auch Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn räumte ein, dass der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungskompetenz in Deutschland "dramatisch und höher als in jedem anderen vergleichbaren Land" sei. Genauere Daten dazu will der Forscher Prenzel erst mit seinem Abschlussbericht am 3. November vorlegen. Bildungsministerin Bulmahn forderte als Konsequenz den weiteren Ausbau von Ganztagsschulen und der frühkindlichen Förderung.
Bayern eindeutiger Sieger
Der eindeutige Sieger des zweiten PISA-Bundesländervergleiches, Bayern, dringt mit seinem Ergebnis in Mathematik sogar in die internationale Spitze vor und belegt im weltweiten PISA-Vergleich den fünften Platz. Die Distanz zwischen Bayern und Bremen beträgt weiterhin einen Lernfortschritt von fast zwei Schuljahren. Allerdings ist die Selektion dem ersten Test zufolge in Bayern besonders hart: Ein Kind aus einer Facharbeiterfamilie hat hier bei gleicher Intelligenz und Kompetenz eine 6,2-mal geringere Chance, ein Gymnasium zu besuchen, als ein Kind aus der Oberschicht. Überraschend verweist Sachsen den bisherigen PISA-Zweiten Baden-Württemberg in mehreren Untersuchungsfeldern auf Platz drei. Schleswig-Holstein behauptet sich im oberen Mittelfeld, Nordrhein-Westfalen fällt hingegen ab.
Mangelnde soziale Ausgewogenheit
Die Wirtschaftsverbände ermahnten die Bundesländer, sich jetzt nicht auf den ersten Reform-Lorbeeren auszuruhen. Arbeitgeberchef Dieter Hundt bezeichnete die "mangelnde soziale Ausgewogenheit" als "klaffende Wunden" des deutschen Schulsystems. Die Bundesrepublik könne es sich nicht länger leisten, "auf Potenziale und Talente, insbesondere von Migrantenkindern zu verzichten". Ähnlich äußerte sich auch der IHK-Präsident Ludwig-Georg Braun.
Hohe Problemlösekompetenz
Erfreut zeigte sich der Bildungsforscher Prenzel über das gute Abschneiden bei der erstmals ermittelten Problemlösekompetenz der Schüler. Bis auf Bremen kommen dabei alle Bundesländer auf Werte oberhalb des Durchschnitts der OECD-Staaten. Prenzel: "Hier liegen noch Potenziale - auch für die weitere Verbesserung der Mathematikleistungen."
Bereits im Dezember vergangenen Jahres waren die Ergebnisse der zweiten internationalen PISA-Studie aus dem Jahr 2003 veröffentlicht worden. Deutschland, das darin mit einer Stichprobe von 4660 Schülern erfasst war, belegte das Mittelfeld. Um die Leistungen der Bundesländer vergleichen zu können, wurden in der Erweiterungsstudie "PISA-E" insgesamt 44.580 Schüler aus 1487 Schulen getestet. Im Jahr 2002 hatte das schlechte Abschneiden des deutschen Bildungssystems in der ersten PISA-Studie eine heftige Debatte über bildungspolitische Konsequenzen entfacht. (stu)