Bestseller-Autor Martin Suter wird 70
28. Februar 2018"Seit ich 16 war, wollte ich Schriftsteller werden", sagte Martin Suter vor ein paar Jahren in einem Interview mit der Wochenzeitung "Die Zeit", "aber Werber war eine sehr komfortable Art, Geld zu verdienen." Erst als es seiner Agentur schlecht ging, stieg er aus und widmete sich der Schriftstellerei. Er war Ende 40.
Inzwischen muss sich der Schweizer Autor um das Thema Geld wohl keine Sorgen mehr machen. Seine 14 Romane sind in Millionenauflage erschienen und wurden in mehr als 30 Sprachen übersetzt. Trotzdem sei er froh, dass er nicht früher mit der Schriftstellerei begonnen habe, sagt Suter. "Als ich jünger war, da gab es bei den Formulierungen oft eine Gedankenmodenschau, da sagten die Sätze dann: 'Schau, wie gut mein Herrchen schreiben kann.' Ich bin froh, dass mir da kein Roman gelungen ist."
Von der Idee zum Setting
Martin Suter, geboren am 29. Februar 1948, hat in den letzten Jahren viel geschrieben, beinahe jährlich erschien ein neues Buch von ihm, viele davon wurden verfilmt - mit zum Teil prominenter Besetzung. Sein neuester Roman "Elefant"erschien Anfang 2017. Einer der Protagonisten ist ein Obdachloser - ein reiner Zufall, sagte Suter damals im Gespräch mit der DW, wie so oft bei seinen Geschichten. "Die Milieus ergeben sich aus der Besetzung." Er habe jemanden gesucht, bei dem es glaubwürdig sei, dass er auf einen kleinen rosa Elefanten stößt und denkt, er müsse aufhören zu saufen, wenn er jetzt schon rosa Elefanten sehe. Eine Idee als Ausgangspunkt, der Rest ergibt sich durch die Recherchen.
Auch bei seinem Roman"Montecristo" (2015) hat sich das Setting quasi ergeben, wie er sagt. "Ich habe nicht nach einem Thema gesucht, so gehe ich nie vor. Ich habe nach einer Geschichte gesucht - und in dieser Geschichte sollte durch einen sehr unwahrscheinlichen Zufall eine große Sache aufgerollt werden." Das Ergebnis: Ein Buch über die Hochfinanz und den Journalismus, über Betrug, Verluste und Verschwörungstheorien, das es in den Bestseller-Listen nach ganz oben schaffte.
Schreiben als Handwerk
Suters Fangemeinde ist groß, seine Bücher lesen sich gut, doch seine Kritiker sind gespalten. Manche loben ihn, andere sprechen ihm die Kunst des Schreibens ab und werfen ihm vor, er wolle lediglich unterhalten. Suter selbst nimmt das gelassen. Unterhalter zu sein sei für ihn ein Kompliment, sagt er. Und überhaupt sei die Schriftstellerei für ihn eher ein Handwerk, das man "entweder besser oder weniger gut" kann. Wichtig für ihn dabei: Anfang und Ende müssen vorher feststehen. Erst dann beginne er zu schreiben, so Suter. "Das habe ich Agatha Christie immer übel genommen, dass sie am Ende alle in einem Salon versammelt, und dann könnte jeder der Mörder gewesen sein." Da müsse es doch vorher verdeckte Hinweise gegeben haben, so Suter.
Mit "Allmen und die Libellen" begann Suter 2010 seine erste eigene Krimi-Reihe. Weitere Teile folgten, zuletzt 2014 der vierte Band unter dem Titel "Allmen und die verschwundene Maria". Protagonist ist ein Schweizer Privatier, der Geldsorgen hat und sich als Amateurermittler versucht. "Jedes meiner Bücher ist eine Hommage an eine bestimmte Erzählgattung", sagte Suter kurz vor Erscheinen des ersten Allmen-Bandes in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung". Und in diesem Fall sei es eine "Hommage an den Serien-Krimi". Die ersten beiden Folgen sind inzwischen fürs Fernsehen verfilmt worden.
Privater Schicksalsschlag
Martin Suter hat zusammen mit seiner Frau Margrith Nay Suter lange Zeit abwechselnd auf Ibiza und in Guatemala gelebt. 2006 adoptierten sie dort Zwillinge: einen Jungen und ein Mädchen. Durch einen tragischen Unglücksfall starb der Sohn 2009 im Alter von drei Jahren. Ein schwerer Schicksalsschlag im Leben der Familie, der die Unbeschwertheit wegnahm, wie Suter sagt.
Doch er schrieb weiter. Sein Roman "Der Koch" war zum Zeitpunkt des Unglücks so gut wie fertig und erschien im Januar 2010. Zwei Jahre später folgte mit "Die Zeit, die Zeit" ein Buch, das viele als Verarbeitung seiner eigenen Erlebnisse sehen, was Suter selbst jedoch bestreitet. Der Roman erzählt die Geschichte zweier Männer, die ihre Frau verloren haben, Witwer sind, und nun versuchen, die Zeit zurückzudrehen. Thematisch habe das natürlich mit seinem Leben zu tun, so Suter, aber er habe schon lange vorher einen Roman über eine Zeitreise schreiben wollen. Der Tod seines Sohnes sei vielleicht der Grund dafür, es zu diesem Zeitpunkt zu schreiben, aber es gehe ihm deswegen nicht besser oder schlechter. "Ich habe das nie gemocht, Autoren die ihre eigenen Probleme in Romanen aufarbeiten. Ich möchte das trennen."
Der nächste Roman ist in Arbeit
Seinen Lebensmittelpunkt hat Martin Suter heute wieder in der Schweiz, zusammen mit seiner Frau und seiner Tochter, die dort zur Schule geht. Vor ein paar Monaten veröffentlichte er zusammen mit dem Schweizer Chansonnier Stephan Eicher das "Song Book", eine Sammlung von Liedern auf Berndeutsch. Suter schrieb die Texte, Eicher vetonte sie. Zu sehen gibt es das Ganze auch auf der Bühne: Suter liest die Geschichten, Eicher singt und spielt Gitarre. Ein neuer Roman sei aber auch schon "in der Werkstatt", so Suter. Und Ende des Jahres soll ein neuer "Allmen" erscheinen. Arbeitstitel: "Allmen und der Koi." Es gibt also noch viel zu tun, fertig mit Schreiben ist Martin Suter wohl noch lange nicht.