Betrugsvorwurf bringt philippinische Präsidentin in Bedrängnis
3. Juli 2005Die Philippinen erleben in diesen Tagen die schwerste Regierungskrise seit dem Amtsantritt von Präsidentin Gloria Macapagal-Arroyo. Seit Wochen lähmt das Gezänk der Politiker das Regierungsgeschäft in Manila - ein Konflikt, der weiter zurückreicht als bis zu den Wahlen im Mai 2004. Denn seit Arroyo 2001 nach einem kurzen Volksaufstand die Macht von ihrem diskreditierten Vorgänger Joseph Estrada übernahm, kämpft dieser nach wie vor gegen die Nachfolgerin im Präsidentenpalast. Estrada waren korrupte Praktiken vorgehalten worden, viele Filipinos nahmen zudem Anstoß an dem lasziven Lebensstil des Ex-Schauspielers.
Vorwurf: Wahlbetrug und Banden-Geld
Die Attacken haben nun eine für die Arroyo-Präsidentschaft bedrohliche Qualität angenommen. Für viele Beobachter in Manila ist es eine Frage der Zeit, bis Arroyo zurücktritt. Es geht im Wesentlichen um zwei Vorwürfe: Einerseits beschuldigt die Opposition die Familie der Präsidentin, im Sold von kriminellen Banden zu stehen, die mit illegalem Glücksspiel ihr Geld verdienen. Arroyo hat die Beschuldigungen wiederholt von sich gewiesen; ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss versucht, Licht in den Skandal zu bringen.
Weitaus brisanter sind Tonbänder mit heimlich mitgeschnittenen Telefongesprächen. Die Telefonate wurden kurz nach den Wahlen im Mai 2004 geführt; auf den Bändern ist die Präsidentin zu hören, die einen leitenden Beamten der Wahlkommission nach ihrem Stimmenvorsprung fragt. Nicht nur die Opposition, auch viele unabhängige Beobachter erkennen in den Dialogen die Absicht der Präsidentin, das Wahlergebnis nachträglich zu manipulieren.
Wahlsystem lässt Raum für Zweifel
Die Opposition stellt nun die Legitimität der Präsidentin offen in Frage. Das fällt ihr leicht, da das Wahlsystem viel Platz für Manipulationen offen hält. In den Philippinen werden die Stimmen nach wie vor manuell ausgezählt, das Wahlsystem ist kompliziert.
Doch die Präsidentin ließ sich nach dem Auftauchen der Tonbänder drei Wochen Zeit, ehe sie öffentlich reagierte. Am Montag (27.6.2005) bekannte Arroyo sich zu den Telefonaten. Reumütig räumte sie ein, es sei ein Fehler gewesen, vor der Verkündung des amtlichen Resultates mit dem Mitarbeiter der Wahlkommission zu telefonieren. Einen Täuschungsvorwurf hingegen wies Frau Arroyo schroff von sich.
Mehrheiten als Polster
Die Präsidentin hatte gehofft, ihr Teilgeständnis würde die Affäre zur Ruhe bringen. Doch das Heer ihrer Gegner wird immer größer. Zugute kommt der Präsidentin, dass die Opposition zersplittert ist und keinen populären Gegenkandidaten ins Feld führen kann. Sie kontrolliert zudem die Mehrheiten in beiden Häusern des Parlaments, sodass ein verfassungsmäßiges Amtsenthebungsverfahren wenig Erfolgsaussichten hat.
Opposition setzt auf Druck der Massen
In dieser verfahrenen Situation ertönen erneut Rufe nach außerparlamentarischen Verfahren unter Umgehung der Verfassung. Wie 1986 und 2001, so die Verfechter dieser Strategie, sollen die philippinischen Massen einmal mehr auf die Straßen gehen, um die ungeliebte Präsidentin aus dem Amt zu verjagen.
Doch die Befürworter dieses Kurses, die überwiegend der intellektuellen Oberschicht angehören, haben die Rechnung ohne die Massen gemacht. Die meisten Filipinos leben in bitterer Armut und haben andere Sorgen als das Gezänk der politischen Klasse. Alle Appelle zu Massendemonstrationen verpufften bisher.