Bewegende Trauerfeier nach Amoklauf in Trier
2. Dezember 2020"Trier trauert, Trier leidet, Trier resigniert aber nicht", sagte Oberbürgermeister Wolfram Leibe bei der Gedenkveranstaltung vor der Porta Nigra. Seit dem Zweiten Weltkrieg sei in der Stadt so etwas Schreckliches nicht mehr passiert. Der SPD-Politiker appellierte an die Teilnehmer der Veranstaltung, die derzeit in der Stadt zu spürende Solidarität für die kommenden Wochen und Monate aufrecht zu erhalten. Leibe kündigte für Donnerstag, 13.46 Uhr MEZ, an, dass dann ganz Trier den Opfern der Amokfahrt gedenken und die Kirchenglocken der Stadt erklingen sollen - zu dieser Zeit begann die todbringende Fahrt.
Zu der Gedenkveranstaltung kamen hunderte Menschen vor die Porta Nigra, einem römischen Stadttor, das als das Wahrzeichen von Trier gilt. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer, die in Trier wohnt, legte einen Kranz nieder. "Es ist ein furchtbares Ereignis hier in dieser schönen Stadt", sagte Dreyer. Niemand habe sich vorstellen können, dass in Trier so etwas passiert. Was auch immer den Amokfahrer zu seiner Tat gebracht habe, "nichts, wirklich gar nichts, kann diese brutale und schreckliche Tat rechtfertigen", betonte die SPD-Politikerin.
Der 51-jährige Tatverdächtige war nach den bisherigen Ermittlungen in Schlangenlinien durch die Trierer Innenstadt gerast und hatte mit seinem Auto wahllos Menschen überfahren. Fünf Menschen starben, darunter ein neun Wochen altes Baby, drei Frauen im Alter von 25, 52 und 73 Jahren sowie ein 45 Jahre alter Mann - der Vater des getöteten Babys. Weitere 18 Personen wurden verletzt, acht von ihnen schwer.
Am Dienstagabend hatte der rheinland-pfälzische Innenminister Roger Lewentz in Trier erklärt: "Dieses Ereignis erschüttert ganz Deutschland." Der Täter sei gezielt vorgegangen und "Zickzacklinien" durch die Fußgängerzone gefahren, um Menschen Leid zuzufügen. Das sei in ganz schlimmem Maße geschehen.
Oberbürgermeister Leibe sprach vom "schwärzesten Tag" für Trier seit dem Zweiten Weltkrieg. Das Trauma aufzuarbeiten, werde dauern. "Ich will wissen, warum jemand das tut. Ob ich eine Antwort darauf bekomme, weiß ich nicht", sagte Leibe.
Der erste Notruf ging um 13.47 Uhr ein, wie Franz-Dieter Ankner, Vizepräsident des Polizeipräsidiums Trier, berichtete. Die Amokfahrt über mehrere Straßen dauerte demnach vier Minuten, ehe der 51 Jahre alte Fahrer von der Polizei gestoppt und festgenommen werden konnte. Dabei leistete er Widerstand.
Motiv noch unklar
Ermittelt wird gegen ihn wegen Mordes aus Heimtücke mit einem Auto als Waffe. An diesem Mittwoch soll er einem Haftrichter vorgeführt werden. Hinweise auf ein "religiöses, politisches oder terroristisches Motiv" lägen nicht vor, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Der Deutsche aus dem Kreis Trier-Saarburg sei früher noch nicht polizeilich in Erscheinung getreten und auch nicht vorbestraft.
Laut Oberstaatsanwalt Peter Fritzen gibt es allerdings Anhaltspunkte für ein "psychiatrisches Krankheitsbild". Weitere Erkenntnisse soll ein Gutachten liefern. Der Mann stand zudem unter Alkoholeinfluss. Bei ihm seien 1,4 Promille gemessen worden, so die Polizei. Er habe zuletzt keine feste Wohnanschrift gehabt und keine näheren Verwandten. Der Wagen gehöre einem Bekannten des Mannes ohne Bezug zur Tat.
Haftbefehl wegen Mordes
Nach der tödlichen Amokfahrt kommt der dringend tatverdächtige Mann in Untersuchungshaft. Das teilte ein Polizeisprecher mit. Der Haftrichter habe entschieden, Haftbefehl wegen Mordes zu erlassen. Wegen Hinweisen auf eine mögliche psychische Erkrankung war auch die Unterbringung in einer geschlossenen psychiatrischen Einrichtung infrage gekommen.
"Die Nachrichten aus Trier machen mich sehr traurig", erklärte Bundeskanzlerin Angela Merkel. "Meine Anteilnahme gilt den Angehörigen der Menschen, die so jäh und gewaltsam aus dem Leben gerissen wurden. Ich denke aber auch an diejenigen, die zum Teil schwere Verletzungen erlitten haben und wünsche ihnen viel Kraft."
wa/kle/qu (afp, dpa)