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Politik

"Paschtunen sind die Leidtragenden"

Shah Meer Baloch
11. April 2018

In jüngster Zeit ist in den nordwestlichen pakistanischen Grenzgebieten die "Bewegung für den Schutz der Paschtunen" (PTM) auf den Plan getreten. Die DW sprach mit ihrem Wortführer Manzoor Pashteen.

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Manzoor Pashteen
Bild: DW/Shah Meer Baloch

DW: Was sind die Ziele und Forderungen der PTM?

Wir fordern die Freilassung aller sogenannter "Vermissten". (Menschenrechtsaktivisten in Pakistan zufolge haben pakistanische Sicherheitskräfte in den vergangenen Jahrzehnten Tausende Paschtunen in den Grenzgebieten auf Grund unbewiesener Terrorismus-Vorwürfe getötet beziehungsweise verschwinden lassen – Anm. d. Red.) Wenn sie wegen Verbrechen beschuldig werden, müssen sie vor Gericht gestellt werden.

Extra-legale Tötungen von Paschtunen müssen aufhören. Es sollte eine gerichtliche Untersuchungskommission zur Aufklärung dieser Tötungen eingerichtet werden, denn wir glauben, dass sie vorsätzlich und geplant stattfanden.  Auch Naqeeb Ullah Mehsud, ein Paschtune, der in Karatschi von dem Polizeioffizier Rao Anwar getötet wurde, wurde fälschlich als Taliban bezeichnet. (Der 27jäjhrige Naqeeb Ullah war in Karatschi als männliches Model tätig. Er kam Mitte Januar bei einer Schießerei mit Sicherheitskräften unter dem Kommando von Rao Anwar ums Leben.  Der Polizist Rao Anwar wurde  Ende März unter Mordverdacht festgenommen, nachdem es zu massiven Protesten von Paschtunen gekommen war. Laut der pakistanischen Menschenrechtskommission war Rao in den vergangenen Jahren an 192 Einsätzen mit 444 Toten beteiligt. – Anm. d. Red.)

Wir fordern des weiteren, dass die Behörden die in den zentral verwalteten Stammesgebieten (FATA) an der Grenze zu Afghanistan gelegten Landminen beseitigen. Dass die paramilitärischen Kräfte aufhören, paschtunische Familien  unter dem Vorwand von Suchaktionen zu schikanieren, und dass die dortige Bevölkerung sich nicht länger an Kontrollposten demütigender Prozeduren unterziehen müssen. 

Pakistan Peschawar Demonstration Pashtun Movement
Demonstration im April in Peshawar zur Freilassung von Männern mit angeblichen militanten VerbindungenBild: picture-alliance/AP Photo/M. Sajjad

Wie  haben die pakistanischen Behörden auf Ihre Forderung nach Freilassung der "Vermissten" reagiert?

Von Seiten des Geheimdienstes wurde mir gesagt, ich sollte diese Forderung fallenlassen. Ich habe ihnen aber klar gemacht, dass sie uns (über das Schicksal dieser Leute) informieren müssten, selbst wenn sie sie alle umgebracht hätten. Daraufhin sagten sie mir, sie würden alle Forderungen erfüllen, außer denjenigen nach Freilassung der "Vermissten" und im Zusammenhang mit den extra-legalen Tötungen.

Leute, die plötzlich "verschwinden", und extra-legale Tötungen gibt es nicht nur in den paschtunischen Stammesgebieten. Planen Sie, auch mit betroffenen Familien in anderen Teilen Pakistans zusammenzuarbeiten, um das Schicksal dieser Menschen aufzuklären?

 Ich würde gerne mit allen Betroffenen zusammenarbeiten. Das ist eine nationale Aufgabe und wir sollten alle zusammenarbeiten, um diese Geißel ein für allemal auszurotten.

Inwiefern ist das pakistanische Militär für die Situation verantwortlich?

Führende pakistanische Militärs haben bei verschiedenen Gelegenheiten selbst gesagt, dass sie es waren, die die Mudschahidin erschaffen haben und die Paschtunen  eingesetzt haben, um in Afghanistan gegen die damalige UdSSR zu kämpfen.  Seitdem dienen die Stammesgebiete an der Grenze als sicherer Rückzugsort und Rekrutierungsraum für Terroristen. Und die Paschtunen sind die Leidtragenden.

Manzoor Pashteen
Manzoor Pashteen: Ich bin kein Politiker und will mich nicht an Parlamentswahlen im Sommer beteiligenBild: picture-alliance/ZumaPress

Kann Ihre Bewegung auch die Paschtunen in Afghanistan mit einbeziehen?

Unsere Bewegung richtet sich gegen die Menschenrechtsverletzungen an den Paschtunen. Die Bewegung ist verfassungsgemäß, keine unsere Forderungen steht im Konflikt mit der Verfassung.  Wenn die sicheren Rückzugsgebiete der Taliban in Pakistan und insbesondere in den FATA-Stammesgebieten nicht mehr existieren, und wenn der pakistanische Staat sich von seiner Politik der Unterscheidung zwischen "guten" und "bösen" Taliban verabschiedet hat, dann wird das auch für die Paschtunen auf der afghanischen Seite eine gewaltige Erleichterung sein.

Wird die Bewegung für den Schutz der Paschtunen von den pakistanischen Behörden bedroht?

Einige Sicherheitsbeamte machten mir klar, dass ich zum "Verräter erklärt" würde, sollte ich mit meinen Aktivitäten nicht aufhören. Genau so kam es auch. Sie haben eine Propaganda-Maschinerie angeworfen, wonach ich für die Geheimdienste Afghanistans und Indiens arbeite. Sie haben auch gedroht, mich wegen "staatsfeindlicher Aktivitäten" festzunehmen. Tatsächlich haben sie keinerlei Beweise, dass Afghanistan hinter mir stünde. Aber ich habe keine Angst, denn ich habe die  Unterstützung der Paschtunen.

Wird Ihre Bewegung die kommenden Monate überstehen? Wollen Sie an den Parlamentswahlen im Juli dieses Jahres teilnehmen?

Wir werden keine Kompromisse machen und weiterhin auf unseren Forderungen bestehen. Wir werden mit unserer friedlichen Bewegung nicht aufhören, bis wir am Ziel sind. Mit der Parlamentswahl habe ich aber nichts am Hut, ich bin kein Politiker.  Wenn wir unsere Ziele erreicht haben, ziehe ich mich wieder ins Privatleben zurück.