Bezahlen per Handy
5. August 2013Das Smartphone ist nah dran, ein Universalgerät zu werden. Telefonieren, Fotografieren, im Internet surfen - das ist schon lange kein Problem mehr. Ideen, was es in Zukunft sonst noch so können soll, gibt es massig. Das reicht von der Kontrolle der elektrischen Hausgeräte bis zum Empfang von Daten aus dem Auto, die dann automatisch an die Werkstatt weitergeleitet werden. Geht es nach Experten, wird das Mobiltelefon bald auch zum Portemonnaie.
Das echte Geld kann dann ruhig auf der Bank oder zu Hause bleiben - wer Einkaufen möchte, schnappt sich einfach sein Mobiltelefon - so die Vision vom mobilen Bezahlen. Technisch ist das bereits möglich, der Markt befindet sich aber noch in einer Pionier-Phase. Verschiedenste Anbieter schicken unterschiedliche Modelle ins Rennen, noch ist völlig unklar, welcher Ansatz sich durchsetzen wird. So bieten Mobilfunkanbieter wie O2 und die Deutsche Telekom, IT-Konzerne wie Samsung oder Apple, Internet-Firmen wie Paypal und Google und auch verschiedene Kreditkartenanbieter Bezahllösungen an.
Verschiedene Ansätze in Erprobungsphase
Im Moment gebe es verschiedene Insellösungen für mobiles Bezahlen, sagt Steffen von Blumröder, der sich beim Branchenverband Bitkom mit diesem Thema beschäftigt, zur Deutschen Welle. "Es wird aber Anfang nächsten Jahres hier in Berlin ein Pilotprojekt geben mit den großen Telekommunikationsunternehmen und einigen Händlern, um das Thema auf NFC-Basis nach vorne zu treiben."
NFC steht für Near Field Communication. Dabei nimmt ein Chip im Mobiltelefon des Kunden Kontakt zu einem Chip im Kassensystem des Händlers auf - die Bezahlung läuft dann digital. Von Blumröder glaubt daran, dass sich der NFC-Ansatz durchsetzen wird. Sein Optimismus ist nicht verwunderlich, da Bitkom an dem Pilotprojekt beteiligt ist.
Auch die Einzelhandelskette Edeka ist jüngst mit ihrem Angebot vorgeprescht. In vielen Filialen der Supermärkte Edeka und Netto können Kunden, die sich vorher registriert haben, per Smartphone bezahlen. Ein Vorteil: Es werden auch gleich Rabattaktionen mit eingerechnet. Lästiges Sammeln von Coupons bleibt somit erspart. Allerdings nützt den Kunden diese Registrierung nur für Edeka und Netto.
Je einfacher der Ansatz, desto besser
"Wir glauben daran, dass sich die Technologie durchsetzen wird, die am einfachsten ist für den Endkunden. Der Kunde sollte weder verschiedene Geräte haben, noch sich verschiedene Apps runter laden müssen", sagt Jan Deepen, Geschäftsführer des Berliner Startup SumUp. Seit eineinhalb Jahren versucht SumUp, den Markt von unten aufzurollen und bietet kleinen und mittelgroßen Geschäften Einsteck-Module für Smartphones und Tablets an, mit denen Händler Kartenzahlungen annehmen können.
Für die meisten kleinen Händler ist es zu teuer, auf herkömmlichem Weg Bezahlung per EC- oder Kreditkarten zu akzeptieren. Mit dem System von SumUp muss der Händler lediglich eine App auf sein Telefon oder seinen Tablet laden, sich registrieren und bekommt dann einen Kartenleser zugeschickt. Mit dem verbindet er sein Telefon oder Tablet und kann dann Karten abrechnen. Auch ein aufwendigeres Kassensystem, mit dem beispielsweise die Buchhaltung gemacht werden kann, hat das Berliner Startup im Angebot.
Nach den Händlern die Kunden erobern
Im nächsten Schritt will SumUp den Kunden ermöglichen, direkt per Mobiltelefon zu bezahlen – ebenfalls per App. Der Kunde muss in diese App seine Kreditkarten- oder EC-Karteninformationen eingeben. Der Händler hat eine separate App, mit der er mit dem Kunden-Handy in Kontakt treten kann. "Diese Lösung haben wir bereits fertiggestellt. Die läuft zurzeit allerdings noch in einem geschlossenen Test. Wir haben sie dem Markt noch nicht allgemein zugänglich gemacht", so Deepen gegenüber der Deutschen Welle.
Am Ende kann das Smartphone beim Bezahlen ganz in der Tasche bleiben, so die Idee. Und Extra-Service soll es auch geben. Beispielsweise soll das System per Geodaten in einem Kaffeehaus erkennen, dass ein Stammkunde das Lokal betreten hat. Der Verkäufer bekommt ein Foto und das Lieblingsgetränk eingeblendet, zur Verifizierung schaut er dem Käufer nur ins Gesicht und die Zahlung wird abgebucht.
Kritische Masse muss erreicht werden
Eine solche App wird sich aber nur am Markt durchsetzen, wenn es genügend Händler gibt, die sie akzeptieren, meint Deepen. "Deswegen werden aus unserer Sicht die Unternehmen das Rennen machen, die eine wirklich breit gefächerte Basis von Händlern haben." Bisher gebe es dieses Netz nicht und die Kunden hätten daher wenig Anreiz, sich eine App zum mobilen Bezahlen runterzuladen, so Deepen. "Aber SumUp baut über die mobile Kreditkarten-Terminallösung dieses Netz aus. Da haben wir alleine in Deutschland schon viele zehntausend Kunden." Und in den elf Ländern, in denen man zur Zeit aktiv sei, setze sich SumUp immer weiter durch.
Um diese Basis rasch zu vergrößern, ist SumUp Kooperationen eingegangen, etwa mit dem Kreditkartenkonzern American Express und der Rabattgutschein-Website Groupon. Nachdem das Unternehmen im Frühjahr den Schritt nach Russland gemacht hat, ist noch in diesem Jahr Südamerika dran.
Marktbereinigung steht an
Auch die Konkurrenz schläft nicht. Im vergangenen Jahr schossen Kartenleser-Anbieter wie Pilze aus dem Boden. Auf den US-Vorreiter Square folgte neben Payleven und SumUp auch iZettle aus Skandinavien. Zu viele, meint Blumröder von Bitkom. "Es wird eine Bereinigung am Markt geben," ähnlich der am Anfang des Jahrtausends. Damals hatte sich ebay gegen andere Versteigerungsplattformen wie Ricardo.de durchgesetzt. Deepen sieht die eigentliche Konkurrenz für Sumup aber woanders: "Unser Hauptkonkurrent ist das Bargeld. Das ist immer noch das Zahlungsmittel, das in Deutschland weit über die Hälfte aller Zahlungen in Geschäften aus macht."