Verhärtete Fronten
13. November 2007Die unter Hausarrest gestellte pakistanische Oppositionsführerin Benazir Bhutto hat erstmals den Rücktritt von Militärmachthaber Pervez Musharraf gefordert. Musharraf müsse sowohl den Posten des Präsidenten als auch den des Armeechefs aufgeben, sagte die Ex-Premierministerin am Dienstag (13.11.2007) in Telefoninterviews: "Ich rufe Musharraf dazu auf, zurückzutreten, zu gehen. Dieses Land gehört dem Volk, es muss zum Volk zurückkehren", erklärte Bhutto.
Die Polizei hatte zuvor ihre Residenz in Lahore umstellt. Mehr als tausend Polizisten waren um das Gebäude zusammengezogen, das mit Stacheldraht und Sandsäcken abgesperrt wurde. An dem von der Bhutto-Partei angekündigten "Langen Marsch für die Demokratie" von Lahore nach Islamabad beteiligten sich am Dienstag nur einige hundert Anhänger der
Oppositionsführerin. Bhutto selbst konnte wegen des Hausarrests nicht teilnehmen.
Boykott der Parlamentswahlen möglich
Eine Zusammenarbeit mit Musharraf schloss sie nun aus. "Ich würde unter ihm noch nicht einmal als Premierministerin arbeiten wollen." Bhutto warnte vor den Folgen des Ausnahmezustandes: "Wenn die Demokratie nicht wiederhergestellt wird, wird die Existenz Pakistans gefährdet." Die PPP erwäge einen Boykott der Parlamentswahl, die vor dem 9. Januar stattfinden soll. "Es wird immer unwahrscheinlicher, dass meine Partei an den Wahlen teilnimmt", sagte sie.
Die Abstimmung scheine eine staatlich organisierte "Show" zu sein, um die regierende Muslim-Liga PML-Q, die Musharraf unterstützt, an der Macht zu halten. Musharraf hatte am Sonntag angekündigt, vor dem 9. Januar Parlamentswahlen zu veranstalten. Einen Zeitpunkt für ein Ende des international kritisierten Ausnahmezustands, den er am 3. November verhängt hatte, nannte er aber nicht.
Zusammenarbeit mit Sharif geplant
Bhutto erklärte, sie wolle alle Oppositionsparteien einen und habe bereits Kontakt zu anderen Gruppen aufgenommen, um eine "Koalition der Interessen" gegen Musharraf zu errichten. Sie kündigte eine Zusammenarbeit mit dem früheren Ministerpräsidenten Nawaz Sharif an, um die Demokratie wiederherzustellen. Pakistan sei ein Land mit Atomwaffen "und kann sich Anarchie und Instabilität einfach nicht Leisten".
Bhutto rechtfertigte auch ihre früheren Gespräche mit dem Präsidenten über eine Teilhabe an der Macht. Die einjährigen Verhandlungen mit Musharraf hätten einen "Fahrplan zur Demokratie" zum Ziel gehabt, sagte sie. "Aber er ist von diesem Fahrplan auf einmal abgewichen und hat das Land in die Krise gestürzt."
Bhutto war am Montagabend vor dem geplanten Protestmarsch ihrer PPP gegen den Ausnahmezustand in Lahore unter Hausarrest gestellt worden. Als Grund gaben die Behörden an, dass sie auf dem Protestmarsch zum Ziel von Selbstmordattentätern hätte werden können. Wenige Stunden nach ihrer Rückkehr aus dem selbsterwählten Exil am 18. Oktober waren bei einem Selbstmordanschlag auf ihren Konvoi und ihre Anhänger in Karachi fast 140 Menschen getötet worden. (tos)